Pendelpauschale durch sozialökologische Reform rasch modernisieren

Das Pendelpauschale gilt eine als der größten umweltschädlichen Subventionen im Verkehr. Die meisten Pendelnden leben im Umland großer Städte. So fördert das Pendelpauschale die Zersiedelung und unterscheidet nicht, ob die Verkehrsmittelwahl klimaverträglich ist. Zudem profitieren Besserverdienende stärker als Menschen mit niedrigem Einkommen.

An durchschnittlichen Werktagen machen Erwerbstätige in Österreich mehr als 5,7 Millionen Arbeitswege, das sind 26 Prozent aller Wege.15 Der Arbeitsweg wird auf Bundesebene gleich mehrfach steuerlich gefördert, dazu kommen Förderungen in einzelnen Bundesländern.53 Neben dem Pendelpauschale gibt es noch den Pendeleuro sowie den Verkehrs- absetzbetrag. Dazu kommt ab Mitte des Jahres 2022 der regional gestaffelte Klimabonus. Der Vekehrsabsetzbetrag steht allen Beschäftigten zu und soll grundsätzlich die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz abgelten.12 Auf Pendelpauschale und auf den Pendeleuro haben hingegen nur jene Beschäftigte Anspruch, die zur Arbeit eine gewisse Distanz zurücklegen.9

Pendelpauschale fördert Zersiedelung und belohnt ökologisches Verhalten nicht

Die meisten Pendelnden kommen aus Bezirken im Umland von Ballungsräumen, dem sogenannten Speckgürtel. Das Einkommen in diesen Bezirken ist überdurchschnittlich hoch.

Das Pendelpauschale ist eine der höchsten umweltschädlichen Subventionen in Österreich. Der Steuerentfall für die Allgemeinheit beträgt jährlich mehr als 500 Millionen Euro.46 In Verbindung mit anderen Förderungen – etwa der Wohnbauförderung – macht es das Wohnen abseits von Zentren attraktiver, was aus ökologischer Sicht problematisch ist. Während die Pendelförderung höhere Wohnkosten in Ballungsräumen nicht berücksichtigt, werden weite Arbeitswege für kostengünstigere Wohnsitze im Umland durch das Pendelpauschale unterstützt. Dadurch trägt es maßgeblich zur Zersiedelung und damit zur Steigerung des Flächenverbrauchs und zum wachsendem Verkehrsaufwand bei.46

Belgien und Schweiz fördern Fahrrad-Pendeln

Derzeit spielt es für die Höhe des Pendelpauschales keine Rolle, ob für den Weg in die Arbeit Auto, Öffentlicher Verkehr, Fahrrad oder der Fußweg gewählt wird. Eine ökosoziale Steuerreform sollte für das Pendelpauschale Anreize setzen, klimaverträgliche Verkehrsmittel zu wählen. Eine Mindestanforderung wäre ein finanzieller Vorteil durch Nutzung des Öffentlichen Verkehrs, wenn dieser zur Verfügung steht. Ein regionales Klimaticket als Sachleistung anzubieten, wäre eine weitere Option in Richtung Ökologisierung.

In Belgien gilt für das Jahr 2022 ein Pauschalbetrag von 25 Cent pro Kilometer, wenn der Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückgelegt wird, während für andere Verkehrsmittel wie zum Beispiel das Auto die Unterstützung nur 15 Cent pro Kilometer beträgt. Darüber hinaus ist auch eine vom Arbeitgebenden bezahlte zusätzliche Fahrradvergütung bis zu 25 Cent pro Kilometer steuerfrei.32 In der Schweiz können mit dem Öffentlichen Verkehr Pendelnde die dafür anfallenden Kosten in voller Höhe von der Steuer abziehen. Fahrrad-Pendelnde können einen Pauschalbetrag von etwa 680 Euro jährlich geltend machen. Für Pkw-Pendelnde gilt ein Pauschalabzug von 67 Cent pro Kilometer für die ersten 10.000 Kilometer, wobei der Betrag je weitere 10.000 Kilometer sinkt.96 In den Niederlanden gibt es ein die Einkommensteuer minderndes Pendelpauschale erst ab einer Distanz von zehn Kilometern und nur bei Benutzung des Öffentlichen Verkehrs. Betriebe können alternativ dazu Radfahrenden bis zu 19 Cent pro Kilometer Pendelweg steuerfrei auszahlen.113, 18, 125

Pendelpauschale fördert Besserverdienende stärker

Die Anzahl der Pendelpauschalebeziehenden, die einen kurzen Arbeitsweg von weniger als 20 Kilometer haben, ist viermal so hoch wie die Anzahl jener, die mehr als 60 Kilometer in die Arbeit fahren.

Als Steuerfreibetrag reduziert das Pendelpauschale nicht direkt die zu bezahlende Lohnsteuer, sondern die Bemessungsgrundlage, von der die Lohnsteuer berechnet wird. Je höher die Steuerklasse, desto höher die tatsächliche Steuerreduktion durch das Pendelpauschale. Besserverdienende ersparen sich dadurch mehr Geld als Menschen, die weniger verdienen, selbst wenn sie dieselbe Strecke pendeln.67 Die soziale Unausgewogenheit beim Pendelpauschale lässt sich auch an den Wohnbezirken der Pendelnden ablesen. In nur zehn der insgesamt 116 politischen Bezirke Österreichs wohnt beinahe ein Viertel aller Pendelnden. Acht von zehn dieser Bezirke liegen in den Speckgürteln Wiens oder einer Landeshauptstadt, darunter Graz Umgebung, Innsbruck Land und Mödling. Im Schnitt verdienten die in diesen Bezirken wohnenden unselbstständig Erwerbstätigen im Jahr 2020 um mehr als 1.800 Euro netto mehr als der Durchschnitt in Österreich. Ein anderes Bild zeigt sich bei jenen knapp neun Prozent der Pendelnden, die mehr als 100 Kilometer in die Arbeit zurücklegen. In den zehn Bezirken, aus denen anteilsmäßig die meisten Menschen mehr als 100 Kilometer pendeln, verdient die unselbstständig erwerbstätige Bevölkerung im Schnitt um rund 1.200 Euro netto weniger als der Durchschnitt
in Österreich.74, 130

Pendelverkehr aus den Ballungsräumen

Gemäß einer Studie aus der Schweiz hat die Bevölkerungsdichte einen größeren Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl als die Lage des Wohnorts in einer peripheren oder zentralen Region.6 Durch günstigeres Wohnen im Stadtumland werden längere Arbeits- und Pendelwege auf sich genommen – mit bekannten Folgen wie Staus, mehr Lärm, Abgasen und CO2-Emissionen.57 Das Pendelpauschale in der derzeitigen Ausgestaltung hat große ökologische und soziale Defizite. Dieses soziales Ungleichgewicht lässt sich reduzieren, wenn der Freibetrag Pendelpauschale in einen Absetzbetrag umgewandelt wird.67 Infolge der gestiegenen Energiepreise durch den Krieg in der Ukraine werden Pendelpauschale und Pendeleuro von Mai 2022 bis Juni 2023 erhöht. Spätestens dann sollte die angekündigte Ökologisierung umgesetzt werden.

Pendelpauschale rasch reformieren

  • Derzeit fließt das Pendelpauschale vorrangig in urbane Speckgürtel.
  • Die Umwandlung von einem Freibetrag in einen Absetzbetrag würde die soziale Schieflage des Pendelpauschales reduzieren.

  • Ökologisierung des Pendelpauschales heißt, dass ein steuerlicher Anreiz für die Nutzung klimaverträglicher Verkehrsmittel geschaffen wird.