Von Michael Schwendinger (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), Juni 2020
Licht und Schatten zeigt aus Sicht des VCÖ das präsentierte AUA-Rettungspaket. Einige Punkte sind auch für andere Staaten beispielgebend, wie etwa die Erhöhung der Flugabgabe für Kürzest-Flüge und die Vereinbarung mit der AUA, dass alle Flüge auf Strecken, auf der die Bahn eine Reisezeit von weniger als drei Stunden hat, auf die Schiene zu verlagern sind. International findet auch bereits die Anti-Dumping-Regelung Beachtung. Abgaben, Landegebühren und Steuern müssen künftig im einzelnen Flugticket enthalten sein. Dadurch gibt es keine Dumping-Tickets mehr auf Kosten der Umwelt und der Beschäftigten.
Ökologische Kriterien sind notwendig, um Klimaziele zu erreichen
Den im AUA-Rettungspaket enthaltenen ökologischen Kriterien müssen weitere Schritte folgen, um Urlaubs- und Geschäftsreisen auf Klimakurs zu bringen. Denn eines ist klar: Die UN-Klimaziele sind nur erreichbar, wenn der Flugverkehr deutlich unter dem Vor-Covid-19-Niveau bleibt. Die heutige Generation hat den künftigen Generationen gegenüber die Verantwortung, den Flugverkehr auf ein ökologisch verträgliches Maß zu begrenzen.
Ein zentraler Schritt dabei ist die rasche Abschaffung der Steuerbegünstigungen für den Flugverkehr. Flugkonzerne zahlen für den Flugtreibstoff Kerosin keine Mineralölsteuer. Wird die Mineralölsteuer für Benzin als Maßstab genommen, wurden durch die Steuerbefreiung von Kerosin die Flugkonzerne im Vorjahr allein in Österreich mit rund 560 Millionen Euro indirekt gefördert. EU-weit wird der Flugverkehr durch die fehlende Kerosinsteuer mit mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr gefördert, wie eine im Vorjahr geleakte Studie der EU-Kommission zeigte. Österreich ist gefordert, sich auf EU-Ebene für die Einführung der Kerosinsteuer stark zu machen.
Klimaauflagen bei Staatshilfe müssen messbar und verbindlich sein
Die AUA zur klimaverträglichsten Fluglinie der Welt zu machen, wäre ein sinnvolles Ziel. Die Klimaverbesserungen dürfen allerdings nicht wie so oft nur auf dem Papier stattfinden. Ein Ausstiegsplan aus Kurzstreckenflügen und eine umfassende Dekarbonisierungsstrategie sind notwendige nächste Schritte. Bei allen Maßnahmen braucht es klar messbare Ziele mit jährlicher Berichtspflicht und eine Emissionsreduktion des gesamten CO2-Ausstoßes gegenüber definierten Vergleichsjahren. Bei der jetzt vereinbarten zwei prozentigen Beimischungspflicht mit alternativen Kraftstoffen ist sicherzustellen, dass die Kriterien mindestens die gleichen sind, wie in der Richtlinie für erneuerbare Energie der EU. Eine Nicht-Einhaltung der Auflagen muss spürbare Konsequenzen haben. Ob das noch alles im Klimapakt mit Austrian Airlines enthalten ist, ist noch nicht bekannt.
Klimaziel nur mit weniger Flugverkehr erreichbar
Technologische Lösungen um den Flugverkehr auf Klimakurs zu bringen, sind entweder noch nicht umsetzbar (wie Batterieantrieb im Flugverkehr) oder aufgrund der notwendigen Mengen an erneuerbarer Energie für Alternativen zu Kerosin in absehbarer Zeit nicht realisierbar. Daher ist die einzig erfolgsversprechende Strategie für mehr Klimaverträglichkeit eine deutliche Reduktion der Flüge. Geschäftsflüge können durch den verstärkten Einsatz von Videokonferenzen deutlich reduziert werden. Viele Kurzstreckenflüge können zudem auf die Bahn verlagert werden.
Die Grafik zum Flughafen Wien-Schwechat zeigt, dass das Potenzial zur Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn groß ist. Im Vorjahr war bei 638.000 Passagieren das endgültige Flugreiseziel weniger als 400 Kilometer von Wien entfernt. Weitere 1,54 Millionen Passagiere hatten ein endgültiges Flugreiseziel, das nur zwischen 400 und 600 Kilometer entfernt war und 2,86 Millionen legten eine Distanz von 600 bis 800 Kilometer zurück. In Summe waren das etwa fünf Millionen Passagiere mit Kurzstreckenflügen. Nicht enthalten sind in dieser Zahl jene Passagiere, die am Zielflughafen einen weiteren Anschlussflug hatten. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die ÖBB 500 Millionen Euro in neue Nachtzüge investieren und die Regierung ab dem Jahr 2024 zusätzliche Nachtzugverbindungen um zehn Millionen Euro pro Jahr bestellt. Mehr Zug, weniger Flug – nur so kann der Reiseverkehr auf Klimakurs gebracht werden.
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Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihre Vorstellungen und politischen Richtlinien präsentiert. Diese haben es in sich: es ist die Rede von einem „European Green New Deal“ und von einer Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet – und das alles unter dem Leitgedanken, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Auf die Umsetzung bin ich gespannt. Wir sehen in Österreich, wie schwierig es politisch ist, verbindliche und überprüfbare Klima-Zielsetzungen festzulegen und mit konkreten und überprüfbaren Maßnahmen umzusetzen. Nicht nur Österreich, die ganze Welt sucht Lösungen zur CO2-Reduktion im Verkehrsbereich – und die Zeit läuft. Wir müssen uns beeilen, wenn wir bei den Lösungen, die dann auch Beschäftigung bieten, vorne mit dabei sein wollen. Das heißt, auf dezentrale Lösungen für die Erzeugung erneuerbarer Energie zu setzen, auf Kompetenz bei der Herstellung von Schienenfahrzeugen und Schieneninfrastruktur, auf digitale Mobilitätsmanagement-Lösungen und auf Ideen für die Stadtmobilität und Stadtlogistik. Wenn die neue EU-Kommission dann auch noch eine wirksame Carbon Border Tax schafft, die sinnlose Transporte quer durch die Welt ökonomisch uninteressant macht und regionale Kreisläufe unterstützt, dann sind die Weichen für eine klimaverträgliche Beschäftigungspolitik gestellt.