CO2-Grenzwerte für Unternehmensflotten als Boost für Europas Auto-Industrie
Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), Februar 2025
Ab heuer gelten für neu zugelassene Pkw und Vans in der EU niedrigere CO2-Grenzwerte. Fahrzeughersteller haben die Emissionen ihrer verkauften Fahrzeugflotte durch den Verkauf von effizienteren Fahrzeugen schrittweise bis zum Jahr 2035 auf null Gramm CO2 je Kilometer zu reduzieren.1 Die aktuelle Regelung betrifft lediglich die Autohersteller. Was fehlt sind verbindliche Ziele für große Unternehmen, die viele Fahrzeuge anschaffen. Solche Ziele hätten zwei zentrale Vorteile: die raschere Senkung der CO2-Emissionen des Verkehrs und die Stärkung der europäischen Automobilindustrie.
Unternehmen spielen eine zentrale Rolle
Die Mehrheit der Neuwagen wird auf Unternehmen oder andere juristische Personen zugelassen. EU-weit sind es rund 60 Prozent2, in Österreich waren es im Jahr 2024 sogar 68 Prozent.3 Damit spielen Unternehmen im Neuwagenmarkt eine entscheidende Rolle. Umso mehr, als Firmenwagen im Schnitt doppelt so viele Kilometer gefahren werden wie private Fahrzeuge und damit entsprechend mehr CO2 ausstoßen. Mit einem Anteil von 60 Prozent an allen neu zugelassenen Pkw in der EU sind Firmenfahrzeuge für 74 Prozent der Emissionen verantwortlich.4 Hinzu kommt, dass viele Firmenwagen auch privat genutzt werden, in Österreich etwa 180.000 Pkw.5
Starken Absatzmarkt mit CO2-Zielen für Unternehmen schaffen
Verbindliche CO2-Grenzwertziele für große Unternehmensflotten sind auch vorteilhaft für europäische Pkw-Hersteller, da sie stärker vom Firmenwagengeschäft profitieren als nicht-europäische Marken. Verkaufszahlen zeigen, dass Firmenkunden beim Kauf von Elektro-Autos eher europäische Hersteller bevorzugen. Während bei europäischen Herstellern 62 Prozent der Verkäufe auf Firmenwagen fallen, liegt dieser Anteil bei nicht-europäischen Herstellern nur bei 49 Prozent. Volvo verkaufte im Vorjahr sogar 74 Prozent der Fahrzeuge an Unternehmen, BMW 72 Prozent und VW 68 Prozent. Eine Studie zeigt, dass CO2-Flottenziele für Unternehmen eine Marktnachfrage für europäische Automobilhersteller von mehr als 2,1 Millionen Elektro-Autos im Jahr 2030 garantieren würde. Damit wäre im Durchschnitt die Hälfte der Elektro-Autos abgedeckt, die die Hersteller verkaufen müssen, um ihre CO2-Emissionsziele für das Jahr 2030 zu erreichen und Strafzahlungen zu vermeiden.6
Nationale Anreize und Vorgaben der EU erforderlich
In Österreich lag der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen im Jahr 2024 mit rund 18 Prozent zwar über dem EU-Schnitt, ist aber verglichen mit Dänemark (51 Prozent) und der Niederlande (35 Prozent) noch relativ gering. In Norwegen waren im Vorjahr bereits 89 Prozent der Neuwagen Elektroautos.7,8 Dass steuerliche Anreize in Österreich funktionieren, zeigt sich darin, dass im Vorjahr drei Viertel aller neu zugelassener Elektroautos auf Firmen registriert wurden.9 In Ländern mit großen Pkw-Absatzmärkten wie Deutschland und Frankreich sind Unternehmen im Vergleich zu Privatkunden Nachzügler bei der Anschaffung von Elektroautos.10 Bestehende nationale Anreize für die Elektrifizierung von Unternehmensfahrzeugen sind unzureichend. Mit einer verbindlichen Vorgabe auf EU-Ebene könnte sichergestellt werden, dass große Unternehmensflotten in der EU Vorreiter bei der Elektrifizierung werden. Ein weiterer Vorteil: Auch der für die privaten Haushalte relevante Gebrauchtwagen-Markt für Elektroautos wird damit angekurbelt.11
Große Unternehmen als Zielgruppe für EU-Vorgabe
Ein EU-Gesetz für Unternehmensflotten sollte klare Ziele setzen: Ab dem Jahr 2030 sollen große Flotten, beispielsweise ab 100 Fahrzeugen, und insbesondere Leasingunternehmen ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge anschaffen und bis zum Jahr 2035 komplett emissionsfrei sein. In Österreich ist jedes zweite neu zugelassene Kfz geleast, damit haben Leasingunternehmen einen großen Hebel.12 Auch für Lkw-Flotten beziehungsweise Logistikunternehmen sind schrittweise Ziele zu setzen. Förderungen können an regionale Wertschöpfung und Qualitätsstandards geknüpft werden, wovon vor allem in der EU produzierte Modelle profitieren. Die ersten Schritte zu diesem Gesetz wurden im Jahr 2024 eingeleitet13, nun liegt es am EU-Transportkommissar, einen Vorschlag dem Europäischen Parlament vorzulegen.
Planungssicherheit stärken, „Made-in-EU“ fördern und Elektrifizierung vorantreiben
Verbindliche CO2-Grenzwerte für große Unternehmensflotten sind ein wichtiger Hebel für die Dekarbonisierung des Verkehrs und die Stärkung der europäischen Automobilindustrie. Sie schaffen Planungssicherheit für Flottenbetreiber, Fahrzeughersteller und die Energiewirtschaft. Zudem kurbelt eine beschleunigte Elektrifizierung von Firmenflotten den Gebrauchtwagenmarkt an, was dann auch den Umstieg für private Haushalte erleichtert.
Auch Anreize und Maßnahmen auf nationaler Ebene sind weiterhin erforderlich. Es braucht den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowohl im öffentlichen als auch privaten Bereich. Wichtig ist auch eine stärkere Ökologisierung des monatlichen Sachbezugs, das Umweltbundesamt schlägt für Verbrenner-Pkw eine Erhöhung um 0,4 Prozentpunkte vor.14 Auch ein klarer Plan für Zero-Emission-Zones für die Logistik, nach dem Vorbild der Niederlande, schafft Planungssicherheit für Unternehmen und trägt zur Verbesserung der Luftqualität in Städten bei. Handlungspotenzial gibt es viel – gefragt ist der politische Wille.
Quellen
Quellen
1
Wifo: Analyse klimakontra-produktiver Subventionen in Österreich. Wien: 2022.
VCÖ (Wien, 5. März 2024) – Mit dem bereits in den 1990er Jahren versprochenen 3-Liter Auto als Standard wäre der Spritverbrauch der Pkw von Österreichs Haushalten um die Hälfte niedriger als heute, macht der VCÖ am heutigen Welt-Energiespartag aufmerksam. Pro Jahr fließen derzeit rund 3,2 Milliarden Liter Diesel oder Benzin in die Tanks der Autos von Österreichs Haushalten. Schnell wirksam ist spritsparendes Fahren durch das der Verbrauch und damit die Kosten um 15 bis 20 Prozent verringert werden können. Mit einem energiesparenden Mobilitätsverhalten kann der Verbrauch zusätzlich gesenkt werden, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ.
Obwohl der Pkw-Besetzungsgrad sinkt hat die durchschnittliche Fahrzeugbreite in Österreich um fast zehn Zentimeter von 171,6 cm im Jahr 2001 auf durchschnittlich 181,1 cm 20 Jahre später zugenommen. Die Probleme, die mit den zunehmend größer und schwerer werdenden Pkw einhergehen, sind vielfältig.