Großes Potenzial für klimaverträgliche Geschäftsreisen nutzen
Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), Mai 2025
Geschäftsreisen sind in Österreich wieder auf dem Vormarsch: Im Jahr 2024 wurde das Vor-Pandemie-Niveau mit rund 3,8 Millionen Geschäftsreisen sogar um fünf Prozent überschritten.1
Trend zum Bahnfahren, aber starkes Wachstum der Flugreisen
Die Zahl der Geschäftsreisen mit der Bahn war im Vorjahr deutlich höher als im Jahr 2019, trotz Baustellenproblemen in Deutschland und trotz der Sperre der neuen Westbahnstrecke nach dem Hochwasser im Herbst 2024. Im Jahr 2024 wurden 807.400 Geschäftsreisen mit der Bahn gemacht, um fast 200.000 mehr als im Jahr 2019. Der Anteil der Bahn stieg von 16,9 auf 21,2 Prozent. Im Jahr 2023 lag der Anteil der Bahnreisen mit 23 Prozent sogar knapp vor den Flugreisen.2 Beim VCÖ-Bahntest im Jahr 2024 besaßen 54 Prozent der Personen, die in den letzten 12 Monaten eine Dienstreise mit der Bahn gemacht haben, ein Klimaticket3 – wohl mit ein Grund für den Anstieg der geschäftlichen Bahnreisen, zumindest innerhalb Österreichs. Die schlechte Nachricht: Auch wenn die Zahl der Geschäftsflüge unter dem Niveau des Jahres 2019 lag, war sie im Jahr 2024 um 45 Prozent höher als im Jahr 2022. Im Jahr 2024 wurden von der Bevölkerung in Österreich 897.400 Geschäftsreisen mit dem Flugzeug unternommen.4 In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 lag die Zahl der geschäftlichen Flugreisen jedoch vor den Bahnreisen.5
Jede vierte Geschäftsreise nach Deutschland wird geflogen
Knapp die Hälfte aller Geschäftsreisen gehen ins Ausland und davon mit 37 Prozent die meisten nach Deutschland. Davon wiederum wird jede vierte Reise mit dem Flugzeug zurückgelegt,6 und das obwohl das Angebot an Bahnverbindungen zum deutschen Nachbarn groß ist. Auch mit dem Nachtzug können viele Städte wie beispielsweise Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt, Köln oder Stuttgart gut erreicht werden.7
Flug in Business Class teurer und ineffizienter
Bei einer Umfrage unter Geschäftsreisenden in Europa gaben 26 Prozent an, die letzte Flugreise in der Business Class geflogen zu sein.8 Fliegen an sich ist bereits sehr klimaschädlich, die Bilanz verschlechtert sich zusätzlich, wenn Business oder First Class gebucht wird, weil deutlich mehr Platz benötigt wird und zusätzliche Leistungen angeboten werden. Je nach Flugzeugtyp werden zwischen 2,6 und 4,3 mal mehr CO2-Emissionen im Vergleich zur Economy Class verursacht.9
Branchenvorreiter zeigen wie es geht
Unternehmen wie AstraZeneca, Tetra Pak und Swiss Re zeigen, dass geschäftlicher Erfolg auch mit weniger Flugreisen möglich ist. Seit dem Jahr 2019 haben sie ihre Emissionen aus Geschäftsreisen um 41 bis 67 Prozent reduziert.10 Swiss Re führte im Jahr 2021 als erstes Unternehmen weltweit eine dreistellige interne CO2-Abgabe auf alle betrieblichen Emissionen – einschließlich Geschäftsreisen – ein. Diese Abgabe steigt jährlich und soll bis zum Jahr 2030 auf 200 US-Dollar pro Tonne CO2 anwachsen. Die Integration der CO2-Abgabe und von CO2-Budgets in Reiseplanung, Buchung und Berichterstattung ist dabei ein zentrales Steuerungsinstrument. Ein Dashboard mit Echtzeitdaten zeigt den CO2-Fußabdruck jeder Geschäftsreise und unterstützt so die bewusste Entscheidung, ob eine Reise tatsächlich notwendig ist.11
Zug als Standard - wenn Flug, dann Economy
Für Geschäftsreisen innerhalb Österreichs ist die Bereitstellung eines Jobtickets, ergänzt durch (Elektro-)Carsharing-Angebote, ein wichtiger Schritt hin zu klimafreundlicher Mobilität. Doch das allein reicht nicht: Jede Organisation, die Geschäftsreisen ermöglicht – ob Unternehmen, Verwaltung oder Politik – steht in der Pflicht, klare Reduktionsziele für Emissionen zu setzen und eine verbindliche Reiserichtlinie zu etablieren.
Diese Reiserichtlinie sollte insbesondere festlegen
unter welchen Voraussetzungen persönliche Meetings vor Ort notwendig sind
welche Kriterien bei der Wahl des Verkehrsmittels gelten
welche Komfortklasse bei Buchungen erlaubt ist.
Ein mögliches Prinzip: Für alle Strecken bis 700 Kilometer ist die Bahn verpflichtend zu nutzen. Wenn ein Flug unvermeidbar ist, sollte ausschließlich Economy Class gebucht werden. Nicht zu vergessen: eine Reiserichtlinie muss auch gelebt werden, und dafür ist die Vorbildfunktion der Führungskräfte essentiell.
Reiserichtlinien für Unternehmen, Verwaltung, Politik und Organisationen
Die Politik ist einerseits gefordert, das Suchen und Buchen von grenzüberschreitenden Bahntickets zu erleichtern. Gleichzeitig sind alle Organisationen mit Reisetätigkeit in der Pflicht: Es braucht Reiserichtlinien, die klimaverträgliche Entscheidungen fördern. Beispiele für vorbildliche Reiserichtlinien gibt es viele, beispielsweise von den Top-Platzierten Unternehmen des Travel Smart Rankings oder der Initiative Anders Reizen in den Niederlanden, an der über 70 Unternehmen beteiligt sind. Gibt es in Ihrer Organisation klare Vorgaben, wann Bahn statt Flugzeug zu nutzen ist – und werden diese auch gelebt?
Quellen
Quellen
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Statistik Austria: Reiseverhalten Jahresergebnisse 2024. Wien: Mai 2025.
VCÖ (Wien, 16. Oktober 2025) – Was motiviert zum Umstieg vom Auto auf die Bahn? Das hat der VCÖ im Rahmen des VCÖ-Bahntests erhoben und die Ergebnisse bei der heutigen VCÖ-Fachveranstaltung präsentiert. 58 Prozent der Fahrgäste legen heute Strecken mit der Bahn statt mit dem Auto zurück, bei den Seniorinnen und Senioren sind es sogar 81 Prozent. Als wichtigster Grund wurde der Erwerb eines Klimatickets genannt. Als wichtigste Maßnahmen, um mehr Autofahrten auf die Bahn zu verlagern, nennen die Fahrgäste eine kürzere Gesamtreisezeit, ein besseres Angebot außerhalb der Hauptverkehrszeiten und insgesamt mehr Bahnverbindungen.
VCÖ (Wien 3. Oktober 2025) – Im Unterschied zum Kfz-Verkehr zahlt der Flugverkehr für seinen Treibstoff keine Mineralölsteuer. Die fehlende Kerosinsteuer förderte den Flugverkehr in Österreich im 1. Halbjahr mit rund 290 Millionen Euro, macht die Mobilitätsorganisation VCÖ aufmerksam. Das ist dreieinhalb Mal so viel, wie die Steuereinnahmen durch die Flugabgabe betragen. Zudem sind die klimaschädlichen Emissionen des Flugverkehrs auf Basis des in Österreich getankten Kerosins mit rund 1,5 Millionen Tonnen auf einen neuen Halbjahres-Höchstwert gestiegen, informiert der VCÖ. Der VCÖ fordert die EU-weite Einführung einer Kerosinsteuer. Mit deren Einnahmen sollen grenzüberschreitende Bahnverbindungen Europas ausgebaut und verbessert werden.