Hohe Motorhauben – ein zunehmendes Sicherheitsrisiko
Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), Juli 2025
Die Neuwagen sind in den vergangenen Jahren nicht nur breiter und schwerer geworden, auch die Zahl der Autos mit hoher Motorhaube hat in Europa und Österreich stark zugenommen. Der Anteil der Neuwagen mit einer Motorhaubenhöhe von mehr als 90 Zentimeter ist in Österreich von elf Prozent im Jahr 2014 auf 18 Prozent im Jahr 2024 stark gestiegen. Im Durchschnitt waren die Motorhauben der im Vorjahr in Österreich neuzugelassenen Pkw mit 83 Zentimeter um fünf Zentimeter höher als vor zehn Jahren. Dieselbe Entwicklung zeigt sich in der EU. Aus Sicht der Verkehrssicherheit ist das alarmierend. Denn je höher die Motorhaube, desto größer ist bei Kollisionen das Risiko schwerer und tödlicher Verletzungen für Fußgängerinnen und Fußgänger, insbesondere für Kinder.1
Schwerere Unfälle durch hohe Motorhauben
Eine Analyse von Unfalldaten zeigt: Ist eine Motorhaube 90 cm statt 80 cm hoch, so erhöht sich das Risiko tödlicher Verletzungen in einer Kollision für Fußgängerinnen und Fußgänger oder Radfahrende um 27 Prozent. Der Grund: umso höher die Motorhaube, umso häufiger wird der Oberkörper der Unfallopfer getroffen – und damit lebenswichtige Organe, bei Kindern sogar der Kopf. Dadurch werden die Unfallopfer eher nach vorne geschleudert und unter das Fahrzeug gezogen. Niedrigere Motorhauben treffen zuerst die Beine, was häufig zu einem seitlichen Abrollen der Unfallopfer über das Fahrzeug führt und so die Überlebenschancen erhöht. Auch für Insassen anderer Pkw sind hohe Motorhauben gefährlicher: Bei Kollisionen mit großen SUV oder Pick-ups mit hoher Front steigt das Risiko schwerer Verletzungen für Insassen des niedrigeren Fahrzeugs um bis zu 50 Prozent.2
Eingeschränkte Sicht birgt Gefahren für Kinder
Hohe Fahrzeugfronten beeinträchtigen zudem die Sicht der Fahrenden auf kleinere Personen wie Kinder oder Personen im Rollstuhl. Beispielsweise sind vom Fahrersitz eines besonders hohen Pick-ups Kinder bis zu einer Größe von 1,35 Meter nicht sichtbar, wenn sie direkt vor dem Fahrzeug stehen. Auch bei anderen Pick-ups sind kleinere Kinder im toten Winkel der Motorhaube verborgen. Diese toten Winkel stellen vor allem beim Anfahren, Abbiegen oder Ausparken in Wohngebieten ein hohes Risiko dar.3
In Österreich ist fast jeder zweite Neuwagen ein SUV
Der Anstieg der Höhe der Motorhauben hängt mit der wachsenden Anzahl von SUV zusammen. In Österreich war im Jahr 2024 mit 45 Prozent bereits fast jeder zweite Neuwagen ein SUV.4 SUV sind bauartbedingt höher als klassische Pkw. Sie werden häufig als „verkehrssicherer“ beworben. Was nicht dazu gesagt wird: das Plus an Verkehrssicherheit für SUV-Insassen geht zulasten der Verkehrssicherheit anderer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.5
Motorhaubenhöhe begrenzen, Anreize für kleine Fahrzeuge setzen
Die Europäische Kommission ist gefordert, bis zum Jahr 2035 eine Obergrenze von 85 cm für die Höhe von Fahrzeugfronten festzulegen. So würden bei Unfällen etwa 95 Prozent der Erwachsenen unterhalb ihres Körperschwerpunkts getroffen – was die Überlebenschancen deutlich verbessert. Zusätzlich soll die Höhe der Motorhauben sowie die Länge und Breite der Fahrzeuge verpflichtend bei der Zulassung erfasst werden, um mehr Transparenz und gezieltere Regelungen zu ermöglichen. In Österreich könnten in der Normverbrauchsabgabe und motorbezogenen Versicherungssteuer Gewicht und Größe der Fahrzeuge stärker berücksichtigt werden.
Auch Städte und Gemeinden können handeln
Zudem sollten Städte und Gemeinden die Möglichkeit erhalten, Parktarife nach der eingenommenen Fläche der Fahrzeuge zu staffeln, um Anreize für kleinere Fahrzeuge zu schaffen – ein Modell, das international in zunehmend mehr Städten erfolgreich umgesetzt wird.6 Übrigens: Elektrofahrzeuge schneiden hinsichtlich der Höhe der Motorhauben besser ab. Im Unterschied zu Verbrenner-Pkw hat in der EU kein Elektroautomodell eine Fronthöhe von über einen Meter. 60 Prozent der im Jahr 2024 in der EU verkauften Elektroautos haben eine Fronthöhe niedriger als 85 Zentimeter, während es insgesamt nur 46 Prozent der Fahrzeuge sind.7
Quellen
Quellen
1
T&E, Clean Cities (2025). Ever-higher: the dangerous rise of bonnet height, and the case to cap it.
VCÖ (Wien, am 20. Mai 2025) – Ob in Österreich oder international, Städte haben ähnliche Ziele: Die Verkehrsbelastung für die Anrainerinnen und Anrainer reduzieren, mehr Platz schaffen für Begrünungen im Straßenraum, um die durch den Klimawandel zunehmende Hitze erträglich zu machen. Eine Maßnahme, die dazu beiträgt, diese Ziele zu erreichen, ist Parkraumbewirtschaftung. Ein aktueller internationaler Vergleich des VCÖ zeigt, dass in Österreichs Städten die Tarife fürs Parken niedrig sind und eine Differenzierung nach Größe des Fahrzeugs und nach Stadtgebiet fehlt.
VCÖ (Wien, 9. Mai 2025) – Radfahren zur Schule ist für Kinder eine ideale Möglichkeit, auf eine regelmäßige Portion Bewegung zu kommen. Doch während in den Niederlanden die Hälfte der Kinder regelmäßig mit dem Fahrrad zur Schule fahren, ist der Anteil in Österreich deutlich niedriger, weist die Mobilitätsorganisation VCÖ auf Daten des Mobilitätsministeriums hin. Demnach radeln österreichweit 17 Prozent der Kinder regelmäßig zur Schule, in Vorarlberg ist der Wert mit 26 Prozent am höchsten. Der VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen für ein kindgerechtes Verkehrssystem, damit mehr Kinder mit dem Fahrrad mobil sein können. Auf die Notwendigkeit von mehr und sicheren Radwegen macht an diesem Wochenende die Kidical Mass in zehn Städten Österreichs aufmerksam.