Mit flexiblen Angeboten Auto–Abhängigkeit reduzieren
Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), November 2023
Weniger als die Hälfte der Bevölkerung in Österreich wohnt in fußläufiger Distanz zu einem guten Angebot an öffentlichen Verkehrsverbindungen.1 Insbesondere dünn besiedelte und zersiedelte Regionen sind durch den Öffentlichen Verkehr nur lückenhaft erschlossen. Rund die Hälfte der Bevölkerung sieht eingeschränkte Betriebszeiten an Randzeiten und Wochenenden als große Barriere bei der Nutzung.2 Auto-Abhängigkeit ist die Folge und verursacht zusätzliche CO2-Emissionen sowie für die Bevölkerung hohe Kosten.
Flächendeckendes Mobilitätsangebot auch in Regionen umsetzen
Der Ausbau des klassischen Linienverkehrs ist ein zentraler Schritt hin zum flächendeckenden Mobilitätsangebot. Als Hebel für eine soziale und ökologische Mobilitätswende müssen Maßnahmen jedoch breiter gedacht werden, denn unterschiedliche Mobilitätszwecke können mit unterschiedlichen Mobilitätsformen abgedeckt werden. Vor allem dort, wo der Linienverkehr nicht alle Bedürfnisse zufriedenstellt, braucht es ergänzende und flexible Angebote.
Grafik: VCÖ 2023
Viele Lösungen für bessere Mobilität in den Regionen gibt es bereits
Positiv hervorzuheben ist, dass bereits viele Gemeinden und Regionen in Österreich nachfrageorientierte Mobilitätsangebote, wie beispielsweise Rufbusse oder Anrufsammeltaxis, umsetzen und das Angebot stetig erweitern. Österreichweit gibt es bereits rund 280 Bedarfsverkehre in mehr als 800 Gemeinden.3 Die räumliche und zeitliche Flexibilität der Angebote ist groß, so kann schnell auf örtliche Gegebenheiten reagiert werden.
72 Prozent der aktuellen Angebote in Österreich sind nach Bedarf buchbar, 56 Prozent bieten Tür zu Tür Transporte an. Auch das Klimaticket wird bei einigen Angeboten akzeptiert, wodurch die Nutzung vereinfacht wird. Damit spielt Bedarfsverkehr vor allem als Ergänzung und Zubringer zum Öffentlichen Verkehr eine wichtige Rolle. Der sogenannte Mikro-ÖV trägt neben mehr Bahn- und Busverbindungen, dem Ausbau der Rad-Infrastruktur und Carsharing-Angeboten zu mehr Freiheit in der Verkehrsmittelwahl bei. Die für Umwelt und Bevölkerung teure Abhängigkeit vom Auto wird damit reduziert.
Mikro-ÖV weiterentwickeln und in das Gesamtsystem integrieren
Derzeit sind zahlreiche nachfrageorientierte Mobilitätsangebote nicht in den jeweiligen Verkehrsverbund integriert und scheinen in Fahrplanauskünften und Buchungssystemen nicht auf. Wer Bedarfsverkehr nutzen möchte, muss meist sehr gezielt danach suchen. Zur Zwischenlösung fasst die Plattform www.bedarfsverkehr.at alle Angebote zusammen.
Um die Vorteile der flexiblen Mobilitätsangebote voll zu entfalten, sollten diese als integraler Bestandteil des Öffentlichen Verkehrs geplant und finanziert werden. Rufbusse und Anrufsammeltaxis sollen in die Auskunfts-, Buchungs- und Tarifsysteme der Verkehrsverbünde integriert sein. Gute Beispiele der Integration von flexiblen Angeboten sind das „Loigom Shuttle“ in Leogang in Salzburg und VOR-Flex-Angebote, etwa im westlichen Mostviertel.4 Weitere Erfolgsfaktoren sind umfangreiche Betriebszeiten sowie die Qualität und Ausstattung der Fahrzeuge. Künftig muss Barrierefreiheit zum Standard werden, der Einsatz emissionsfreier Fahrzeuge ist sukzessive umzusetzen. Auch das Vorhandensein von Kindersitzen und die mögliche Mitnahme von Fahrrädern erhöhen die Attraktivität.
Bessere Mobilität für die Bevölkerung in den Regionen ist möglich. Das öffentlich zugängliche Mobilitätsangebot zu erhöhen reduziert die Mobilitätskosten für die Haushalte und trägt dazu bei, auch die Mobilität in den Regionen auf Klimakurs zu bringen.
1: Austria Tech: Mobilitätsdaten Österreich. ÖV-Güteklassen, Wien 2020. Österreichische Raumordnungskonferenz: Die österreichweiten ÖV-Güteklassen, Wien 2022. 2: Market Institut: Mobilitätsgarantie in der Region. Repräsentative Umfrage ab 16 Jahren im Aufrag des VCÖ. Wien 2022. 3: www.bedarfsverkehr.at, Stand November 2023. 4: VCÖ, Bessere Mobilität für die Regionen, Wien 2023.
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VCÖ (Wien, 20. Oktober 2022) – Wie kann auch in den Regionen ein vielfältiges Mobilitätsangebot geschaffen werden? Diese Frage stand im Zentrum der heutigen VCÖ-Fachkonferenz. Ein Drittel der Bevölkerung in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beklagt ein mangelndes öffentliches Verkehrsangebot, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Market zeigt. Insgesamt ist in den kleineren Orten das Auto zwar das dominante Verkehrsmittel, aber 70 Prozent der Bevölkerung sind im Alltag multimodal, also mit verschiedensten Verkehrsmitteln unterwegs. Die Mobilitätsorganisation VCÖ fordert verstärkte Maßnahmen, um auch in den Regionen der Bevölkerung Mobilität unabhängig vom Autobesitz zu ermöglichen.
VCÖ (Wien, 23. September 2022) – 56 Prozent der Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer fahren heute Strecken mit dem Zug, die sie früher mit dem Auto gefahren sind. Neben der nutzbaren Zeit waren die gestiegenen Spritpreise und das Klimaticket die Hauptgründe für den Umstieg, wie der diesjährige VCÖ-Bahntest zeigt. Für Pendlerinnen und Pendler war das Klimaticket ein besonders häufiger Grund vom Auto auf die Bahn umzusteigen. Drei Viertel sagten, dass sie noch weitere Autofahrten auf die Bahn verlagern können. Als Voraussetzung dafür wurden eine kürzere Gesamtreisezeit der Bahn und häufigere Bahnverbindungen am häufigsten genannt. Der VCÖ betont, dass es angesichts flexiblerer Arbeitszeiten und mehr Teilzeit-Jobs auch außerhalb der klassischen Pendelzeiten häufige Verbindungen braucht.