Tempo 30 in der Stadt rettet Leben

Von Lina Mosshammer (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), April 2022

Menschen in Städten sind besonders von den negativen Auswirkungen des Verkehrs betroffen – und das hat auch gesundheitliche Folgen. Abgestellte Autos nehmen in Städten einen großen Teil des öffentlichen Raums ein. Die starke Versiegelung ändert das Mikroklima und erhöht lokal die Hitze nachweislich. Gleichzeitig stellen sowohl durch abgestellte Autos verstellte Straßen und Kreuzungen aufgrund der Sichteinschränkung und die hohen Geschwindigkeiten der fahrenden Fahrzeuge ein Sicherheitsrisiko insbesondere für alle, die zu Fuß, mit Fahrrad oder Roller mobil sind, dar. Verkehr verursacht maßgeblich Schadstoffe in der Luft. Das führt zu Lungenkrankheiten und Einschränkungen wie Atemnot oder Husten. Kopfschmerzen und Schlafstörungen sind nur zwei der vielen Auswirkungen von dauerhaftem Verkehrslärm auf die Gesundheit der Menschen. Eines ist klar, Verkehr beeinträchtigt unsere Gesundheit.

Tempo 30 für unsere Gesundheit

Eine Reduktion der Standardgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h in Städten zahlt sich auf vielen Ebenen aus. Verkehrslärm ist der zweitgrößte quantifizierbare Umweltrisikofaktor. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Dauerschallpegel von maximal 53 Dezibel tagsüber. Tempo 30 bringt eine hörbare Lärmreduktion. Eine Reduktion von Tempo 50 auf Tempo 30 wird vom menschlichen Ohr wie eine Halbierung des Verkehrs wahrgenommen. Bei Elektro-Pkw ist das Rollgeräusch erst ab Tempo 30 lauter als der Antrieb – das heißt E-Pkw können nur bis Tempo 30 ihr Potenzial zur Lärm-Reduktion ausspielen.

Hohe Geschwindigkeiten im Straßenverkehr sind außerdem eine der Hauptursachen tödlicher Verkehrsunfälle. Werden Gehende von einem Auto mit Tempo 50 erfasst, ist das Risiko getötet zu werden fünfmal so hoch wie bei Tempo 30.1 In Brüssel wurde im Jänner 2021 flächendeckend Tempo 30 eingeführt. Dadurch konnte die Zahl der schweren Verkehrsunfälle bereits im ersten Jahr um 22 Prozent im Vergleich zum Jahresschnitt im Zeitraum 2017 bis 2020 reduziert werden. Die Anzahl der Verkehrstoten wurde mehr als halbiert.

Viele Eltern beklagen, dass Verkehr gefährlich ist und Kinder deswegen nicht alleine zur Schule können. Tempo 30 ist ein wichtiger Beitrag, damit sich Kinder wieder freier im öffentlichen Raum bewegen können. Fahrbahnen können bei einer Umgestaltung von Tempo 50 auf Tempo 30 zudem verschmälert werden. Das schafft mehr Platz für sichere Geh- und Radwege und damit für eine gesunde Mobilität in der Stadt, eine höhere Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und weitere Nutzungen wie Grünraum.

Städte sind bereit für Tempo 30

Die Stadt Graz hat das Potenzial von großflächigem Tempo 30 bereits früh erkannt. Dieses Jahr im Herbst feiert die Maßnahme ihr 30-jähriges Jubiläum. Viele weitere Städte in Österreich wie Innsbruck, Bregenz und Leonding wollen ebenfalls Tempo 30 als Standardgeschwindigkeit umsetzen. In Deutschland gibt es eine bundesweite Initiative für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO), damit Tempo 30 einfacher umgesetzt werden kann. Gestartet wurde der Aufruf im Juli des Jahres 2021 von den Städten Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm, mittlerweile wurde der Aufruf für Tempo 30 bereits von rund 100 Städten unterschrieben.2

Tempo 30 als Standard rettet Leben

Tempo 30 als Standardgeschwindigkeit verbessert die urbane Lebensqualität und rettet Leben. Allein deshalb sind die derzeitigen Bestimmungen zu überdenken. Derzeit muss Tempo 30 entgegen der „Flüssigkeit des Verkehrs“ begründet werden. Höhere urbane Lebensqualität, Lärmreduktion oder Begrünung und Attraktivierung des öffentlichen Raums sind laut StVO keine gültigen Kriterien. Natürlich sind Ausnahmen für Hauptverkehrsrouten oder den Öffentlichen Verkehr legitim, Standardgeschwindigkeit im Ortsgebiet sollte jedoch Tempo 30 sein. Die StVO braucht also eine Beweislastumkehr: die Lebensqualität und Sicherheit der Menschen sollte nicht die zu begründende Ausnahme sein, sondern die Regel.

Blog abonnieren

Mehr Informationen zum Thema:



Der VCÖ ist gemeinnützig und setzt sich für eine ökologisch verträgliche und sozial gerechte Mobilität mit Zukunft ein. Wir sind auf Spenden von Privatpersonen angewiesen. Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer steuerlich absetzbaren Spende.

Jetzt spenden

 

Zurück zur Übersicht

VCÖ: Im Vorjahr wurden 55 Motorradfahrer im Straßenverkehr getötet – heuer bereits zehn Todesopfer

VCÖ (Wien, 25. Mai 2023) – Die Motorradsaison hat begonnen, was sich leider auch in der Unfallstatistik bemerkbar macht. Seit Jahresanfang sind bereits zehn Motorradfahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen, informiert die Mobilitätsorganisation VCÖ. Im Vorjahr verunglückten 55 Motorradfahrer im Straßenverkehr tödlich, die meisten in Niederösterreich. Das Risiko bei einem Unfall getötet zu werden, ist mit dem Motorrad um ein Vielfaches höher als mit dem Pkw. Neben verstärkten Verkehrssicherheitsmaßnahmen ist auch das eigene Fahrverhalten wichtig, erinnert der VCÖ vor dem bevorstehenden Pfingstwochenende : Gleiten statt rasen, keine riskanten Überholmanöver und mit voller Aufmerksamkeit fahren

Mehr dazu

VCÖ: Das Ziel „Null Verkehrstote“ erreichten im Vorjahr deutlich weniger Bezirke als im Jahr 2021

VCÖ (Wien, 17. Mai 2023) – Im Vorjahr haben in Österreich deutlich weniger Bezirke als im Jahr 2021 das Ziel „null Verkehrstote“ erreicht, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. In Wien waren es statt 16 nur zehn Bezirke, außerhalb Wiens statt vier nur ein Bezirk. Und statt in fünf gab es im Vorjahr in nur vier Statutarstädten keinen tödlichen Verkehrsunfall. Der VCÖ zeigt nun gemeinsam mit der Bevölkerung auf, wo es in den Gemeinden und Städten Verkehrsberuhigung braucht. Noch bis 31. Mai kann die Bevölkerung in einer interaktiven Online-Karte Problemstellen eintragen. Außerhalb des Ortsgebiets ist unter anderem Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen eine wichtige Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit.

Mehr dazu