Warum die E-Mobilität nicht auf den Wasserstoff-Durchbruch warten kann
Verschiedene Energie- und Antriebskonzepte gezielt einsetzen
Dezember 2017
In der Diskussion rund um das E-Auto wird häufig auf die Vorteile von Antriebskonzepten mit Wasserstoff als Energiequelle verwiesen. Die Hoffnung vieler beim Wasserstoff-Auto ist: So wie bisher kann an der Zapfsäule schnell für eine große Reichweite getankt werden - statt Benzin oder Diesel dann Wasserstoff beziehungsweise Treibstoffe auf Wasserstoffbasis. Andere verweisen auf den Vorteil von Wasserstoff, kurzzeitig überschüssigen Ökostrom, etwa in einer sehr windigen Nacht, mittels Wasserstofferzeugung verwerten und speichern zu können.
Wasserstoff wird künftig eine wichtige Rolle im klimaverträglichen Verkehrssystem spielen. Dennoch sind Brennstoffzellen-Antrieb oder Treibstoffe aus Wasserstoff für den Pkw-Bereich keine Argumente, um die Umstellung auf E-Autos aufzuschieben. Konzepte auf Wasserstoff-Basis sind weitaus energieintensiver als die direkte Nutzung von Ökostrom per Batterie-Speicherung. Denn auch Wasserstoff muss unter Einsatz erneuerbarer Energie erst gewonnen und danach weiter verarbeitet oder wieder in Elektrizität umgewandelt werden. Das erhöht den Energieverbrauch und senkt den Wirkungsgrad.
Erneuerbare Energie ist aber - jedenfalls in nächster Zeit - knapp und begehrt. Der Gesamt-Strombedarf in Österreich wird aufgrund des Ausstiegs aus fossilen Energieträgern im Verkehr, der Industrie und anderen Sektoren zunehmen. Für das Jahr 2050 wird damit gerechnet, dass 30 bis 50 Terawattstunden zusätzlich verbraucht werden. Heute werden etwa 60 TWh in Österreich erzeugt und 10 TWh importiert. Für 110 TWh Strom aus erneuerbarer Energie hat die TU Wien errechnet, dass sie in Österreich erzeugt werden können, sogar mit volkswirtschaftlichen Vorteilen.
Die möglichst effiziente Nutzung von erneuerbaren Energiequellen ist zentral für den Erfolg der Energie- und Mobilitätswende. Der vergleichsweise energieintensive Einsatz von Wasserstoff im Bereich Mobilität und Transport hat vorrangig dort zu erfolgen, wo andere Antriebskonzepte an ihre Grenzen stoßen. Das sind zum Beispiel der Schwerverkehr, Baumaschinen, der Flugverkehr, aber etwa auch Schienenfahrzeuge auf nicht-elektrifizierten Bahnstrecken.
Die Brennstoffzelle und Treibstoffe auf Wasserstoffbasis werden wegen ihrer Speicherdichte und Transportierbarkeit im Mix verschiedener erneuerbarer Energiequellen und Antriebskonzepte künftig eine wichtige Rolle in einem klimaverträglichen Verkehrssystem spielen. So wurde beim diesjährigen „Staatspreis Mobilität“ mit einem Projekt der TU Graz zur dezentralen und klimaverträglichen Herstellung von Wasserstoff ein wichtiger Forschungsbereich ausgezeichnet. Antriebe auf Wasserstoffbasis werden das Elektroauto mit Akku ergänzen, den raschen Ausstieg aus Benzin und Diesel-Pkw können sie aber nicht ersetzen, denn das CO2-Budget Österreichs ist bald verbraucht.
Und auch die Klima- und Energiestrategie von Österreichs Bundesregierung stellte im Vorjahr zu Wasserstoff im Mobilitätsbereich fest: "Signifikante zusätzliche Beiträge daraus sind in der Phase vor 2030 allerdings nicht zu erwarten. Ein verstärkter Einsatz alternativer Technologien auf Basis erneuerbarer Energien ist insbesondere dort wünschenswert, wo eine Elektrifizierung aus heutiger Sicht nur eingeschränkt möglich ist (z. B. schwere Nutzfahrzeuge, Landwirtschaft, Flugverkehr)." (Seite 58)
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Die Entwicklung geht klar in Richtung emissionsfreier Antriebe. Steigende Reichweiten sprechen dafür, dass sich beim Pkw der batterie-elektrische Antrieb mittelfristig durchsetzen wird. Synthetische Treibstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden könnten, sind für den Masseneinsatz absolute Zukunftsmusik. Unter den etablierten Autoherstellern gab Volvo als Teil eines chinesischen Konzerns als erster bekannt, vollständig auf Elektro-Antriebe umzustellen. Auch Volkswagen ziele „auf den Punkt, an dem sich jeder fragen muss, warum er einen Verbrenner haben will. Denn wir glauben nicht, dass es eine Alternative zur E-Mobilität gibt“, wird ein Vorstandsmitglied von Volkswagen zitiert. Die Pkw-Neuwagenflotte von Mercedes soll bis zum Jahr 2039 CO2-neutral werden. Entwicklungskapazitäten werden aktuell von Motoren und Getrieben hin zu Batterietechnologie und Leistungselektronik verschoben. Das bedeutet einschneidende Veränderungen, auch für Beschäftigte der Automobilbranche. Doch die Entwicklung lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und nur Unternehmen, die sich rechtzeitig umstellen, werden auch in Zukunft noch Arbeitsplätze bieten können. Viele Autozulieferer diversifizieren bereits ihre Produktpalette in Richtung Elektro- Antriebe oder anderer Sektoren, etwa der Autozulieferer Miba, der Bremsen für Windkraftanlagen herstellt. Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte werden Tausende Fachkräfte für Aufbau und Wartung der E-Ladeinfrastruktur gebraucht werden. Geld, das bisher in den Import von Erdöl geflossen ist, kann künftig verstärkt im Inland ausgegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Mobilitätswende unterm Strich für ein Plus an Beschäftigung sorgen wird.
Um die Elektrifizierung der Pkw-Flotte voranzutreiben, ist es notwendig, bestehende Wohnbauten mit Ladestationen für Elektro-Pkw nachzurüsten. Derzeitige rechtliche und bürokratische Hürden sind zu beseitigen.