Weniger Steuern für Diesel-Transporter – ein teurer Rückschritt
Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), April 2025
Im Regierungsprogramm ist keine verkehrsrelevante Maßnahme mit einem konkreten Datum versehen, außer einer: Es ist geplant, mit 1. Juli 2025 für Lkw-Transporter der Klasse N1 mit Verbrennungsmotor die Normverbrauchsabgabe (NoVA) abzuschaffen.1 Seit Juli 2021 sind Elektro-Transporter von der NoVA befreit, um für Unternehmen einen Anreiz zu schaffen, im Interesse des Gesundheits- und Umweltschutzes auf emissionsfreie Transporter umzusteigen. Der Anteil der Elektro-Transporter hat sich von zwei Prozent im Jahr 2020 auf neun Prozent im Jahr 2022 mehr als vervierfacht. Mit der NoVA-Befreiung für alle Transporter der Klasse N1 fällt dieser wirksame Anreiz weg. Im Gegenteil, die Anschaffung von Diesel-Transporter wird damit wieder billiger. Die Abschaffung der NoVA für alle Klein-Lkw steht im krassen Widerspruch zu einem anderen Punkt im Regierungsprogramm, nämlich der „schrittweisen Ökologisierung klimaschädlicher Subventionen“.
Steuerbefreiung zulasten des Budgets und der Umwelt
Zu N1 Fahrzeugen zählen „Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung“ unter 3,5 Tonnen wie zum Beispiel Kastenwagen, Kleintransporter aber auch sogenannte Pick-ups.2 Bisher galt die NoVA-Steuerbefreiung nur für elektrische N1 Fahrzeuge. Nun ist geplant, die Steuerbefreiung auf sämtliche N1 Fahrzeuge auszuweiten, was mehrfache Nachteile mit sich bringt: Erstens werden damit trotz riesigem Budgetdefizit und Sparzwang die Steuereinnahmen reduziert. Zweitens wird die notwendige Umstellung auf Elektro-Transporter behindert und verlangsamt – obwohl es gerade in diesem Fahrzeugsegment bereits ein vielfältiges Angebot gibt. Und drittens ist die NoVA-Befreiung kontraproduktiv für das Ziel, die CO2-Emissionen und die gesundheitsschädliche Abgasbelastung, insbesondere in Städten, zu reduzieren. Klein-Lkw mit Verbrennungsmotor fahren fast zur Gänze mit Diesel.3 Dieselabgase enthalten besonders viele Stickoxide und Feinstaub.4
NoVA ist ein Steuerungsinstrument für den Kauf effizienter Fahrzeuge
Die NoVA fällt einmalig mit der ersten Zulassung eines Kraftfahrzeugs in Österreich an und orientiert sich an dessen CO2-Emissionen und dem Fahrzeugwert.5 Damit ist die NoVA ein wichtiges Steuerungselement für die Anschaffung von effizienteren Fahrzeugen. Im Jahr 2024 wurden in Summe 33.088 N1 Fahrzeuge neu zugelassen.6 Davon waren 2.928 Fahrzeuge elektrisch, viermal so viele wie im Jahr 2020.7 Schon zuletzt haben die Zahl der Modelle und die Reichweite deutlich zugenommen und sie werden künftig weiter steigen. Bereits im Jahr 2023 gab es 41 verschiedene Modelle von Elektro-Lieferfahrzeugen, bis zum Jahr 2030 wird mit einer weiteren Zunahme auf 49 elektrisch betriebene Modelle gerechnet – mehr als es dann Lieferfahrzeuge mit Verbrennungsmotor zur Auswahl geben wird.8 Doch anstatt dem Hochlauf der Elektromobilität in Österreich den stärkenden Rückenwind zu geben, gibt es nun durch die Abschaffung der NoVA für Diesel-Transporter starken Gegenwind.
Auch Pick-ups würden von der NoVA befreit werden
N1 Fahrzeuge sollten gemäß Definition für den Gütertransport genutzt werden, also von Handwerksbetrieben oder Lieferdiensten. Doch in die Kategorie N1 fallen auch Pick-ups, die als Pkw verwendet werden. In Österreich wurden allein im Jahr 2024 mehr als 1.700 Pick-ups neu zugelassen. Hinzu kamen noch 3.167 Zulassungen von Transportern mit „offenen Kasten“, die ebenfalls Pick-ups sein können.9 Mit der NoVA-Steuerbefreiung für sämtliche N1 Fahrzeuge sind somit auch Pick-ups steuerbefreit, während konventionelle Pkw wie VW Golf oder Skoda Octavia NoVA bezahlen. Pick-ups haben einen deutlich höheren Spritverbrauch als herkömmliche Pkw und stoßen damit auch deutlich mehr klimaschädliches CO2 aus.10,11 Noch dazu benötigen Pick-ups deutlich mehr Platz als herkömmliche Pkw. Und sie sind allein schon aufgrund ihrer Masse und Höhe für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrende im Fall einer Kollision gefährlicher. In den USA sind tödliche Unfälle mit Fußgängerinnen und Fußgänger seit dem Jahr 2010 um 80 Prozent und mit Radfahrenden um 50 Prozent gestiegen – auch wegen der steigenden Zahl großer Pick-Ups.12
Ein verfehlter Schritt für saubere und sichere Städte
Die geplante NoVA-Befreiung für Diesel-Transporter ist ein großer Rückschritt bei der notwendigen Umstellung auf emissionsfreie Transporter – und vergrößert damit den Rückstand auf andere EU-Staaten. In den Niederlanden beispielsweise gibt es bereits seit Anfang 2025 „Zero Emission Zones“ für die Logistik mit klaren Regeln, wer unter welchen Bedingungen in Innenstädte fahren darf. Das verbessert die Luftqualität in den Städten und gibt Unternehmen Planungssicherheit. Genau diese Klarheit fehlt in Österreich.
Solange umweltschädliche Förderungen, dazu zählt auch die Steuerbegünstigung von Diesel, ausgeweitet statt reduziert werden, braucht es verstärkte Förderungen, was wiederum kostet. Das Regierungsprogramm wurde beschlossen, bevor bekannt war, dass das Budgetdefizit fast fünf Prozent des BIP beträgt und der Konsolidierungsbedarf deutlich höher als 6,4 Milliarden Euro ist. Noch besteht die Chance, dass dieser teure Rückschritt nicht passiert und die NoVA-Befreiung für Diesel-Transporter und Pick-ups nicht kommt.
Quellen
Quellen
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BMF: Mittelstandspaket beschlossen. Wien: März 2025.
„Papa, Papa, das ist super schön“, jauchzt die kleine Brigid und läuft laut Anweisungen rufend hinter einem sprachgesteuerten Fluggerät durch den Raum. Bernd ist überrascht. Er hatte das Ding nicht bestellt. Schnell geht er vor die Türe und sieht die Transport-Drohne auch beim Nachbargebäude Lieferungen absetzen. Das Display am Eingang blinkt und zeigt an, dass Bestellung und Lieferung korrekt bestätigt sind. Wenig später trifft Leonore ein, abgesetzt vom Sharing-Modul ihrer Arbeitsstelle, das Beschäftigte für die wenigen noch erforderlichen Meetings holt und nach Hause bringt. „Wo kommt denn dieses Ding her?“, fragt Leonore, etwas genervt von den immer lauter werdenden Sprachbefehlen der Tochter. Bernd fängt schnell das herumflitzende Gerät aus der Luft und bekommt so die Aufmerksamkeit der kleinen Brigid. Auf seinen fragenden Blick hin bemerkt diese: „Jetzt, wo ich die Stimme so machen kann wie Mama, werden viel mehr schöne Sachen zu uns gebracht!“ Seit auch Bernd und Leonore im Jahr 2030 auf das Nur-einmal- -täglich-Liefern durch Drohnen umgestiegen sind, gibt es viel weniger Lieferverkehr in ihrer Gegend. Aber mit dem Erfindungsreichtum ihrer Tochter hatten sie nicht gerechnet. Leonore steht seufzend auf, storniert die Sprachsteuerung für Bestellungen und stellt das System auf Iris-Scan um.
Die Entwicklung geht klar in Richtung emissionsfreier Antriebe. Steigende Reichweiten sprechen dafür, dass sich beim Pkw der batterie-elektrische Antrieb mittelfristig durchsetzen wird. Synthetische Treibstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden könnten, sind für den Masseneinsatz absolute Zukunftsmusik. Unter den etablierten Autoherstellern gab Volvo als Teil eines chinesischen Konzerns als erster bekannt, vollständig auf Elektro-Antriebe umzustellen. Auch Volkswagen ziele „auf den Punkt, an dem sich jeder fragen muss, warum er einen Verbrenner haben will. Denn wir glauben nicht, dass es eine Alternative zur E-Mobilität gibt“, wird ein Vorstandsmitglied von Volkswagen zitiert. Die Pkw-Neuwagenflotte von Mercedes soll bis zum Jahr 2039 CO2-neutral werden. Entwicklungskapazitäten werden aktuell von Motoren und Getrieben hin zu Batterietechnologie und Leistungselektronik verschoben. Das bedeutet einschneidende Veränderungen, auch für Beschäftigte der Automobilbranche. Doch die Entwicklung lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und nur Unternehmen, die sich rechtzeitig umstellen, werden auch in Zukunft noch Arbeitsplätze bieten können. Viele Autozulieferer diversifizieren bereits ihre Produktpalette in Richtung Elektro- Antriebe oder anderer Sektoren, etwa der Autozulieferer Miba, der Bremsen für Windkraftanlagen herstellt. Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte werden Tausende Fachkräfte für Aufbau und Wartung der E-Ladeinfrastruktur gebraucht werden. Geld, das bisher in den Import von Erdöl geflossen ist, kann künftig verstärkt im Inland ausgegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Mobilitätswende unterm Strich für ein Plus an Beschäftigung sorgen wird.