Zunehmend breitere Pkw verursachen vielfache Probleme

Von Katharina Jaschinsky (VCÖ - Mobilität mit Zukunft), Februar 2024

Obwohl der Pkw-Besetzungsgrad sinkt – von 1,37 Personen pro Pkw im Jahr 1990 auf 1,14 Personen pro Pkw im Jahr 20211 – werden Neuwagen zunehmend schwerer, länger und breiter. Während die durchschnittliche Fahrzeugbreite in Österreich im Jahr 2001 ohne Außenspiegel bei 171,6 cm lag, sind zwanzig Jahre später neu zugelassene Pkw durchschnittlich mit 181,1 cm bereits um fast zehn Zentimeter breiter.2 Damit liegt Österreich einen Zentimeter über dem EU-Durchschnitt. Das Tesla Model Y, das im Jahr 2023 am zweit häufigsten verkaufte Neuwagenmodell in Österreich, liegt mit einer Breite von 192 cm über dem Durchschnitt.3 Noch breiter sind beispielsweise Porsche Cayenne mit 198 cm und BMW X7 mit 200 cm – jeweils ohne Außenspiegel.4,5

Die Probleme, die mit den zunehmend größer und schwerer werdenden Pkw einhergehen, sind vielfältig: höherer Energieverbrauch6, höherer Ressourcenverbrauch7, mehr Platzverbrauch und dadurch weniger Raum für andere Verkehrsteilnehmende, mehr schädlicher Abrieb von Bremsen und Reifen8 sowie erhöhte Unfallgefahr für andere Verkehrsteilnehmende.9

Good Practice: Kleines, leichtes Auto in Japan

Der Trend zu immer größeren Pkw ist kein Naturgesetz. Das zeigen die sogenannten Kei-Cars, die sich in Japan immer größerer Beliebtheit erfreuen. „Kei“ kommt von „kei-jidōsha“ und bedeutet so viel wie „kleines, leichtes Auto“. Durch die kleinen Abmessungen – die Maximalbreite beträgt 1,48 Meter – sorgen die Kleinstwagen für einen deutlich geringeren Parkplatzbedarf. Steuervergünstigungen und weniger Maut fördern die Anschaffung dieser Pkw mit maximal 64 PS und vier Sitzplätzen. Da auch die Ausstattung der Fahrzeuge jener von größeren Pkw in nichts nachsteht, hat sich ein Kei-Car als das meistverkaufte Pkw-Modell Japans etabliert.10,11

Keine Anreize für kleine Pkw in der EU

Seit dem Jahr 1996 legt das EU-Recht einen einzigen gesetzlichen Grenzwert für die Breite aller Arten neuer Fahrzeuge fest, nämlich 255 cm.12 Die Begrenzung der Breite auf 255 cm wurde eingeführt, um die maximale Breite für neue Lastwagen, Busse und Reisebusse zu harmonisieren und zu verhindern, dass sie immer breiter werden. Mit anderen Worten konzentriert sich die Breitengrenze der EU-Fahrzeuge - damals wie heute - auf schwere Nutzfahrzeuge. Aktuell wird die „Weights- and Dimensions“-Richtlinie überarbeitet, um den Einsatz und die Produktion von emissionsfreien Lkw zu fördern.13 Im Rahmen der Überarbeitung dieser Richtlinie sollte die Möglichkeit einer zusätzlichen Klausel für die Regelung der Fahrzeugbreite von Pkw genutzt werden. Bisher wurde diese Chance aber nicht wahrgenommen.

Gesetzliche Maximalbreite für Pkw festlegen

Um dem Trend der immer größer werdenden Pkw und den damit einhergehenden Problemen, entgegen zu wirken, braucht es auch für Pkw eine „Weights- und Dimensions-Richtlinie“ auf EU-Ebene. Darin enthalten sollten auch Obergrenzen für die Motorstärke, sowohl für Einzelfahrzeuge sowie nach dem Vorbild der CO2-Grenzwerte für die von den Marken verkauften Neuwagenflotten geben. Für E-Pkw sollen darin auch kWh-Grenzwerte aufgenommen werden, damit bei Elektro-Autos nicht die gleichen Fehler begangen werden wie bei den Verbrenner-Pkw. Bei Letzteren haben Hersteller bereits in den 1990er Jahren das 3-Liter Auto versprochen, der reale Verbrauch ist heute aber rund doppelt so hoch. Aufgrund der immer größeren, schwereren und übermotorisierten Modelle wurden Effizienz-Gewinne bei den Motoren wieder zunichte gemacht.

Die EU-Kommission ist gefordert, für eine „Weights- und Dimensions“-Richtlinie für Pkw einen Initiativantrag einzubringen.  Da sechs von zehn Neuwagen auf Firmen oder andere juristische Personen zugelassen werden, braucht es bei der Firmenwagenbesteuerung Änderungen und Anreize, kleinere und schlankere Dienstwagen anzuschaffen.

Parkraumbewirtschaftung als Instrument auf regionaler Ebene

Auch Gemeinden und Städte können Anreize schaffen, damit kleine Pkw bevorzugt werden. Wie das funktioniert zeigt die Stadt Koblenz in Deutschland. Ab 1. März 2024 richtet sich die Höhe der Parkgebühr für Anrainerinnen und Anrainer nach der tatsächlich in Anspruch genommenen Straßenfläche multipliziert mit dem Jahresgrundbetrag in Höhe von 23,40 Euro. Der Großteil der Parkplätze in Koblenz ist nicht markiert, die Bepreisung nach tatsächlich verbrauchter Fläche ist relevant.14 Das Beispiel zeigt, dass neben einer seitens der EU vorgegebenen Maximalbreite für Pkw auch auf lokaler Ebene gegen die durch große Pkw verursachten Probleme vorgegangen werden kann.

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Blick zurück aus der Zukunft

Von Willi Nowak, VCÖ-Geschäftsführung

„Papa, Papa, das ist super schön“, jauchzt die kleine Brigid und läuft laut Anweisungen rufend hinter einem sprachgesteuerten Fluggerät durch den Raum. Bernd ist überrascht. Er hatte das Ding nicht bestellt. Schnell geht er vor die Türe und sieht die Transport-Drohne auch beim Nachbargebäude Lieferungen absetzen. Das Display am Eingang blinkt und zeigt an, dass Bestellung und Lieferung korrekt bestätigt sind. Wenig später trifft Leonore ein, abgesetzt vom Sharing-Modul ihrer Arbeitsstelle, das Beschäftigte für die wenigen noch erforderlichen Meetings holt und nach Hause bringt. „Wo kommt denn dieses Ding her?“, fragt Leonore, etwas genervt von den immer lauter werdenden Sprachbefehlen der Tochter. Bernd fängt schnell das herumflitzende Gerät aus der Luft und bekommt so die Aufmerksamkeit der kleinen Brigid. Auf seinen fragenden Blick hin bemerkt diese: „Jetzt, wo ich die Stimme so machen kann wie Mama, werden viel mehr schöne Sachen zu uns gebracht!“ Seit auch Bernd und Leonore im Jahr 2030 auf das Nur-einmal- -täglich-Liefern durch Drohnen umgestiegen sind, gibt es viel weniger Lieferverkehr in ihrer Gegend. Aber mit dem Erfindungsreichtum ihrer Tochter hatten sie nicht gerechnet. Leonore steht seufzend auf, storniert die Sprachsteuerung für Bestellungen und stellt das System auf Iris-Scan um.

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Die Chance ergreifen

Die Entwicklung geht klar in Richtung emissionsfreier Antriebe. Steigende Reichweiten sprechen dafür, dass sich beim Pkw der batterie-elektrische Antrieb mittelfristig durchsetzen wird. Synthetische Treibstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden könnten, sind für den Masseneinsatz absolute Zukunftsmusik. Unter den etablierten Autoherstellern gab Volvo als Teil eines chinesischen Konzerns als erster bekannt, vollständig auf Elektro-Antriebe umzustellen. Auch Volkswagen ziele „auf den Punkt, an dem sich jeder fragen muss, warum er einen Verbrenner haben will. Denn wir glauben nicht, dass es eine Alternative zur E-Mobilität gibt“, wird ein Vorstandsmitglied von Volkswagen zitiert. Die Pkw-Neuwagenflotte von Mercedes soll bis zum Jahr 2039 CO2-neutral werden. Entwicklungskapazitäten werden aktuell von Motoren und Getrieben hin zu Batterietechnologie und Leistungselektronik verschoben. Das bedeutet einschneidende Veränderungen, auch für Beschäftigte der Automobilbranche. Doch die Entwicklung lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und nur Unternehmen, die sich rechtzeitig umstellen, werden auch in Zukunft noch Arbeitsplätze bieten können. Viele Autozulieferer diversifizieren bereits ihre Produktpalette in Richtung Elektro- Antriebe oder anderer Sektoren, etwa der Autozulieferer Miba, der Bremsen für Windkraftanlagen herstellt. Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte werden Tausende Fachkräfte für Aufbau und Wartung der E-Ladeinfrastruktur gebraucht werden. Geld, das bisher in den Import von Erdöl geflossen ist, kann künftig verstärkt im Inland ausgegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Mobilitätswende unterm Strich für ein Plus an Beschäftigung sorgen wird.

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