Aus der Forschung – Simon Tschannett

„Kaltluftschneisen werden immer wichtiger, weil die Anzahl der Tropennächte zunimmt“

Porträtfoto von Simon Tschannett
Simon Tschannett, Meteorologe und Stadtklimatologe, Weatherpark Gmbh

„Kaltluftschneisen sind Bereiche, in denen in der Nacht Kaltluft in die Stadt fließt; sie sind abhängig von der Topografie und der Bebauung. Durch eine Kaltluftanalyse können diese Bereiche bestimmt werden: Wie hoch die Kaltluft ist, wie schnell sie strömt und an welchen Orten sie zu welcher Zeit in die Stadt kommt.

Kaltluft kann im Gegensatz zur Frischluft, die wiederum nicht unbedingt kalt sein muss, schadstoffbelastet sein. Wie stark die Kaltluft abkühlt, hängt von den Kaltluftentstehungsgebieten, den Kaltluftschneisen, der Länge der Nacht und den Kaltluftwirkgebieten ab.

Kaltluftschneisen werden immer wichtiger, weil die Anzahl der Tropennächte zunimmt. Wir haben das Klima radikal geändert, und nun spüren wir die Auswirkungen. In Wien Innere Stadt gab es im Jahr 2024 im Sommerhalbjahr 53 Tropennächte und 52 Hitzetage. In Wien Hohe Warte waren es im Vergleich dazu "nur" 26 Tropennächte – das war aber auch ein neuer Höchstwert. Dadurch wird ersichtlich, dass es große Unterschiede innerhalb der Stadt Wien bei der Verteilung und der Häufigkeit von Tropennächten, also Nächten, in denen die Temperatur nicht unter 20°C sinkt, gibt. Darauf muss bei der Stadtplanung geachtet werden, nicht nur in Wien, sondern in jeder Stadt jeweils in Bezug auf den eigenen Natur- und Stadtraum.

In Städten stellt also diese nächtliche Wärmeinsel eine immer größere Herausforderung dar. Im Sommer sorgt die Wärmeinsel dafür, dass die Lufttemperatur nicht so stark absinkt wie im Umland. In Städten ist es durch die höhere Wärmekapazität der Gebäude und durch den versiegelten Boden wärmer. Unter Tags ist die gefühlte Temperatur ausschlaggebend. Die Lufttemperatur hat zwar Einfluss auf die gefühlte Temperatur, aber die Sonnenstrahlung – bzw. der Schatten ­– und die Strahlung von umliegenden Gebäuden und des Bodens haben einen großen Effekt. Deswegen spricht man unter Tags von Hitzeinseln und in der Nacht von Wärmeinsel.

Kaltluftschneisen und Kaltluftentstehungsgebiete sind immens wichtig zur nächtlichen Abkühlung der Städte. Kaltluftschneisen dürfen nicht so verbaut werden, dass die Kaltluft abgeschwächt, abgebremst oder blockiert wird. Außerdem dürfen sie nicht weiter versiegelt werden. Kaltluftentstehungsgebiete sind sehr sensibel. Weitere Verbauung und Versiegelung würde dazu führen, dass weniger oder gar keine Kaltluft mehr entsteht. Daher braucht es Gesetze und Regulatorien, wie man mit Kaltluft, Kaltluftentstehungsgebieten und Kaltluftschneisen umgehen soll. Und natürlich braucht es Stadtklimaanalysen, in denen die Kaltluft und die Verteilung der Wärmeinsel genau analysiert wird.“

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VCÖ: Alternativen zur Lobauautobahn rasch auf Schiene bringen

VCÖ (Wien, 29. September 2022) – Für den Bau der Lobau-Autobahn gibt es aus Verkehrssicht keinen Bedarf, wie die heute präsentierte Studie der TU-Wien zeigt. Stattdessen braucht es ein verstärktes öffentliches Verkehrsangebot. Auch die sich verschärfende Klimakrise hat veränderte Rahmenbedingungen gebracht, auf die die Verkehrsplanung reagieren muss. Der VCÖ begrüßt die Einleitung der Strategischen Prüfung Verkehr und fordert, dass die klimaverträglichen Alternativen rasch auf Schiene gebracht werden.

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Foto: Sarah Duit

VCÖ: Investitionen in die Rad-Infrastruktur sind in Österreich zu verdreifachen

VCÖ (Wien, 6. Juli 2022) – Die StVO-Novelle, die heute im Nationalrat beschlossen wird, ist ein längst überfälliger Schritt, betont der VCÖ. Als nächsten Schritt braucht es eine umfassende Infrastrukturoffensive für den Radverkehr, betont der VCÖ. In Österreichs Städten und noch viel mehr in den Regionen gibt es im Radwegenetz große Lücken. Der VCÖ weist darauf hin, dass seit dem Jahr 2018 die jeweilige Bundesregierung die Verdoppelung des Radverkehr-Anteils auf 13 Prozent zum Ziel hat. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Investitionen von Bund, Bundesländern und Städten in die Rad-Infrastruktur von derzeit insgesamt rund 170 Millionen Euro pro Jahr auf zumindest 600 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen, betont der VCÖ.

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Foto: Sarah Duit