Aus der Praxis: Aglaée Degros

„Zuallererst braucht es eine faire Umverteilung des verfügbaren Raums“

VCÖ-Magazin: Sie haben – etwa in Belgien – zahlreiche öffentliche Plätze gestaltet. Was braucht es, damit sie Orte werden, die von Menschen angenommen und genützt werden?

Aglaée Degros: Öffentliche Räume sind essenziell für urbanes Leben. Sie verdienen daher, sorgfältig gestaltet zu werden. Dazu braucht es zuallererst eine faire Umverteilung des verfügbaren Raums zwischen den verschiedenen Nutzungen. Das heißt, der Aufenthaltsqualität und auch aktiver Mobilität wie Gehen und Radfahren mehr Raum geben. Und es braucht von Anfang an einen Transformationsprozess, der die Bürgerinnen und Bürger einbezieht. Diese Transformationsräume sollten Teil eines größeren Netzes von öffentlichen Räumen sein und einer einfachen Ästhetik folgen, sodass sie offen sind für sich wandelnde Aneignungen. Sie sollten zur lokalen Wirtschaft beitragen, kleine Geschäfte bieten, gemeinschaftliche Annehmlichkeiten, mehr Bäume oder besseres Wassermanagement – dann werden diese Räume auch von Jung und Alt angenommen.

VCÖ-Magazin: Sie haben über „Traffic space is public space” geschrieben. Was ist die zentrale Aussage dieser Feststellung?

Aglaée Degros: Auch wenn es manchmal vergessen wird: Verkehrsräume sind vor allem öffentliche Räume. Ansichtskarten aus den 1960er-Jahren, die den Grand Place in Brüssel, eines der schönsten Architekturensembles in Europa und heute ein Platz voller Leben, noch voller Autos zeigen, schauen heute amüsant aus. Und trotzdem dominieren bis heute Autos unsere Plätze. Das und die Tatsache, dass private Gegenstände, nämlich Autos, darauf abgestellt sind, bewirkt, dass Verkehrsräume selten als Orte gemeinschaftlicher Begegnung, zugänglich für alle, wahrgenommen oder behandelt werden – und doch sind sie es.

Aglaée Degros
Technische Universität Graz, Fakultät für Architektur, Leiterin des Instituts für Städtebau

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VCÖ: Stellplatzvorgaben im Wohnbau umfassend reformieren!

VCÖ (Wien, 13. November 2024) – Verpflichtende Stellplätze machen 10 bis 15 Prozent der gesamten Baukosten im Wohnbau aus, wie eine aktuelle VCÖ-Untersuchung zeigt. Die bestehenden Pkw-Stellplatzverpflichtungen verteuern den Wohnbau und damit das Wohnen und führen zudem zu mehr Autoverkehr. Während Bauträger zwar in ganz Österreich gesetzlich gezwungen sind, Pkw-Stellplätze zu bauen, gibt es keine verpflichtenden Vorgaben für die Anbindung an den Öffentlichen Verkehr oder die Bereitstellung von Sharing-Angeboten. Der VCÖ fordert eine umfassende Reform der Stellplatzvorgaben im Wohnbau. Für große Wohnbauprojekte und große Bürogebäude sollen Mobilitätskonzepte verpflichtend vorgeschrieben werden.

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VCÖ: Nach S-LINK-Aus Öffentlichen Verkehr im Raum Salzburg rasch und umfassend verbessern

VCÖ (Wien, 11. November 2024) - Die Bevölkerung hat sich gestern bei der Befragung mit 53,2 Prozent gegen den S-LINK ausgesprochen. Um die Staus sowie die Verkehrsbelastung für die Bevölkerung zu reduzieren, sind im Ballungsraum Salzburg nun andere Maßnahmen nötig, die das öffentliche Verkehrsangebot und die Alternativen zum Pkw verbessern, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Es braucht in der Stadt Salzburg rasch Intervallverdichtungen bei den Bussen sowie deutlich mehr Busspuren, häufigere Stadt-Umland Verbindungen auf der Schiene und auch mit Schnellbus-Linien sowie Radschnellverbindungen ist die Verkehrssituation zu verbessern. Zudem ist sowohl von den Unternehmen als auch von Freizeiteinrichtungen Mobilitätsmanagement umzusetzen.

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Foto: Salzburg AG