Aus der Praxis - Bente Grimm

Touristikunternehmen und Mobilitätsanbietende sollten an einem Strang ziehen

Bente Grimm: Leiterin Touristische Mobilitätsforschung im Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT), Mitautorin der „Reiseanalyse 2019 Deutschland“

VCÖ-Magazin: Hat sich die Reiseziel- und Verkehrsmittelwahl in den letzten Jahren verändert? Und spielt dabei nachhaltigeres Reisen eine Rolle?

Bente Grimm: Die Daten der Reiseanalyse Deutschland zeigen, dass der Anteil der Inlandsreisen noch nie so niedrig und der Anteil der Flugreisen noch nie so hoch war wie im Jahr 2019. Menschen mit hohem Einkommen verreisen häufiger mit dem Flieger. Zugleich hat die Bahn sowohl bei den Unter-30-Jährigen als auch bei Seniorinnen und Senioren überdurchschnittlich hohe Marktanteile. Nachhaltigkeit spielt bei der Mobilität vor Ort eine deutlich größere Rolle als bei der Anreise, der Klimaeffekt ist aber deutlich geringer. Die Bereitschaft, bei zukünftigen Reisen ein nahe gelegenes Reiseziel zu wählen, ist bei jungen Menschen übrigens am geringsten ausgeprägt, bei Senioren am höchsten.

VCÖ-Magazin: Was fördert nachhaltige Mobilität beim Reisen am besten?

Bente Grimm: Attraktive Mobilitätsangebote, die unkompliziert und gerne genutzt werden können. Dazu gehört auch, dass der potenzielle Gast vor der Buchung aktiv über die Möglichkeiten für die Anreise und für die Mobilität vor Ort informiert wird. Am besten gelingt das, wenn Touristikunternehmen und Mobilitätsanbietende an einem Strang ziehen, die gesamte Reisekette im Blick haben und den Gast für sein klimaverträgliches Verhalten belohnen.

VCÖ-Magazin: In Großstädten ist die Anzahl der Haushalte ohne eigenes Auto hoch – wie beeinflusst das die Verkehrsmittelwahl für die Urlaubsreise?

Bente Grimm: Wer kein eigenes Auto hat, nutzt mit höherer Wahrscheinlichkeit bei seinen Urlaubsreisen die Bahn oder den Bus. Gleichzeitig ist in Großstädten aber auch der Anteil der Flugreisenden besonders hoch. Das liegt daran, dass dort viele junge Menschen und viele Personen mit hohem Einkommen leben.

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Tourismus-Regionen koordinieren Mobilitätsangebot

Die „Touristische Mobilitätszentrale Kärnten“ wurde im Jahr 2016 als Kooperation von acht Tourismusregionen, dem Land Kärnten und der Kärnten Werbung gegründet. Ihre Kernaufgabe ist es, Anreise und Mobilität vor Ort ohne Privatauto zu ermöglichen. Im Jahr 2017 wurde das einheitlich buchbare Bahnhof-Shuttle Kärnten eingeführt, das den Transfer zwischen Bahnhof und Unterkunft gewährleistet. Die Projekte Nockmobil, Südmobil und Lila vernetzen Öffentlichen Verkehr via Online-Plattform mit regionalen Anrufsammeltaxis. Ergänzt wird das Angebot durch Rad- und Wanderbusse. Seit dem Jahr 2022 können mit einer gültigen Gästekarte auch alle S-Bahnen in ganz Kärnten kostenlos genutzt werden.

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Mobilitätsmanagement in Tourismusregionen

Immer mehr Menschen wünschen sich Nachhaltigkeit nicht nur im Alltag, sondern auch im Urlaub. Zahlreiche Destinationen in Österreich bieten umweltverträgliche Mobilitätskonzepte. Oft verbessern diese auch das Mobilitätsangebot für die lokale Bevölkerung.

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