Aus der Praxis - Eva Kail

Stadt der kurzen Wege erleichtert Alltagswege

Eva Kail, Gemeinde Wien, Bereich Gendergerechte Stadtplanung

VCÖ-Magazin: Wie hat frauengerechte Planung in Wien begonnen?

Eva Kail: Vor 30 Jahren wurden in der Ausstellung „Wem gehört der öffentliche Raum – Frauenalltag in der Stadt“ erstmals in der Stadt Wien Verkehrsdaten getrennt nach Frauen und Männer analysiert und Angst- und Wohlfühlräume thematisiert. Das Thema Gehen wurde in Wien von der Frauenseite angestoßen – das war, wie der öffentliche Raum, da noch kein relevantes Planungsthema im Mainstream. Seither ist viel passiert, die Bedürfnisse von Frauen und auch anderer Zielgruppen werden auf vielen Planungsebenen gezielt berücksichtigt.

VCÖ-Magazin: Warum brauchen wir eine geschlechtergerechte Stadtplanung?

Eva Kail: Es geht darum, die Lebensqualität und Alltagsperspektiven der Menschen in den Fokus zu stellen. Der Alltag von Frauen und Männern unterscheidet sich oft. Etwa bezüglich der Care-Arbeit, ob bezahlt oder unbezahlt, die es zu erledigen gilt. Bezüglich der Freizeit- und Bewegungsinteressen, des Mobilitätsverhaltens. Frauen gehen viel mehr und benützen häufiger öffentliche Verkehrsmittel. Und sie sind stärker Belästigungen und sexuellen Übergriffen im öffentlichen Raum ausgesetzt.

VCÖ-Magazin: Was heißt das für die Stadtentwicklung?

Eva Kail: Bei städtebaulichen Entwürfen für neue Stadtentwicklungsgebiete ist darauf zu achten, dass das Prinzip der Stadt der kurzen Wege unterstützt wird, indem sich aus der Anordnung von Einrichtungen und Haltestellen logische Wegeketten ergeben und neben zentral gelegenen Quartierparks auch sonst genügend attraktive Grün- und Freiflächen vorhanden sind. Die Vermeidung von Angsträumen bei Planungsprozessen unterstützt die Mobilität von Frauen. Städtebau, um Wege kurz zu halten, Angebote, um Wege umweltfreundlich zurücklegen, Kinderwägen, Rollatoren und Fahrräder wohnungsnah abstellen zu können – all dies trägt bei, Alltagswege zu erleichtern. Genderplanning stellt in Wien mit zielgruppenspezifischen Fairness-Checks und entsprechenden Wegeketten-Analysen viel zur Qualitätssicherung von Planungsprozessen bei, es gilt immer wieder sich „gezielt in verschiedene Schuhe zu stellen“.

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Foto: Sarah Duit