Aus der Praxis - Hans-Peter Hutter

Die Dimensionen des Krankmachers Verkehr sind bekannt, ebenso die Lösungen

Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner Medizinische Universität Wien

VCÖ-Magazin:  Für welche Schadstoffe ist der Verkehr in der Stadt verantwortlich – und wie gesundheitsschädlich sind sie?

Hans-Peter Hutter: Verkehr ist für eine lange Liste an gas- und partikelförmigen Verunreinigungen aus Verbrennungsprozessen und Abrieb verantwortlich. Dazu gehören unter anderem Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Stickstoffoxide, Feinstaub samt winzigem Ultrafeinstaub sowie sekundär in der Atmosphäre gebildetes Ozon. Ebenso lange ist die Liste an gesundheitlichen Folgen, die sie verursachen. Praktisch kein Organsystem bleibt davon unangetastet: Atemwegs- und Herzkreislauf-Erkrankungen stehen zwar im Vordergrund, doch die Bandbreite reicht von Einbußen der Lungenfunktion bis Lungenkrebs, von Herzrhythmusstörungen bis hin zu Herzinfarkten. Aber immer mehr zeigt sich, dass auch Organe betroffen sein können, die anfangs kaum im Fokus waren wie das zentrale Nervensystem (etwa höheres Risiko für Alzheimer) oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Nicht zuletzt wurden auch Auswirkungen von Luftschadstoffen auf die Schwangerschaft (Bluthochdruck) und die Entwicklung des Fötus (erhöhtes Risiko für Früh- und Totgeburten) beobachtet.

VCÖ-Magazin: Welche Maßnahmen müssen vorrangig gesetzt werden, damit der Verkehr in der Stadt künftig kein Verursacher von Gesundheitsschäden ist?

Hans-Peter Hutter: Die gute Nachricht ist: Wir kennen die Maßnahmen, die zu einer Verbesserung führen. Dazu gibt es seit Jahrzehnten wissenschaftliche Evidenz, Good-Practice-Beispiele, Maßnahmenpläne rund um städtische Mobilität, Stichwort kindgerechte versus autogerechte Stadt. Weitgehend sind es immer dieselben Kernelemente wie etwa Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, Förderung umwelt- und gesundheitsverträglicher Mobilität wie Radfahren und Gehen. Es hat sich schon einiges getan. Allerdings könnten wir schon weiter sein, würden sich nicht mächtige Lobbys mit teils lächerlichen Argumenten bis heute gegen moderne Verkehrspolitik und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Hier braucht es auch mehr Rückgrat und Durchsetzungskraft.

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VCÖ-Stakeholder Café: Sharing in der Stadt

Der Trend zum Sharing gilt als Hoffnung für eine künftig klimaverträgliche und sozial gerechte Mobilität. Insbesondere in Städten gilt es, um die knappe Ressource Platz zu sparen, eine Reduktion der bislang exklusiv privat genutzten Fahrzeuge durch Sharing in Verbindung mit dem Öffentlichem Verkehr und multimodalem Mobilitätsverhalten zu fördern. In welchen Bereichen und mit welchen Maßnahmen kann und soll dabei die Stadtverwaltung die Verbreitung von Sharing in der Mobilität unterstützen? Unter welchen Bedingungen kann Sharing auch am Stadtrand, bei geringerer Bevölkerungsdichte und Nachfrage, funktionieren? Wie lassen sich die verschiedenen Sharing-Angebote strategisch koordinieren und multimodal verbinden? Diese und weitere Fragen diskutierten die rund 50 Gäste des VCÖ-Stakeholder Café, das am 25. November 2019 in der Urania Wien stattfand.

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Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen

In der VCÖ-Publikation „Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen“ wird gezeigt, welche einschneidenden Auswirkungen der Pkw-Fokus der urbanen Verkehrsplanung der vergangenen Jahrzehnte hatte und welche Maßnahmen in unterschiedlichen Städten ergriffen werden, um den öffentlichen Raum als hochwertigen Wohn-, Lebens- und Aufenthaltsraum für Menschen zurückzugewinnen.

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