Aus der Praxis - Judith Engel

Eine technische Laufbahn kann ich auch Frauen nur empfehlen

Judith Engel, ÖBB-Infrastruktur AG, Mitglied des Vorstands

VCÖ-Magazin: Sie haben bereits in verschiedenen Leitungsfunktionen im Verkehrsbereich gearbeitet – hat es eine Frau schwerer, sich da durchzusetzen?

Judith Engel: Als Frau im Kollegenkreis einer beruflichen Minderheit anzugehören hat Vorteile und Nachteile und meist aber auch gar keine Auswirkung. Der Nachteil ist natürlich da und dort eine Skepsis auf die ich offen oder auch verdeckt gestoßen bin, schließlich hat das ja noch keine Frau in dieser Funktion vorher gemacht. Der Vorteil ist ganz klar eine besondere Aufmerksamkeit von der Kollegenschaft, die ich manchmal sehr positiv nutzen konnte. Es gibt diesen kurzen Moment in einer Besprechung, in der ich als einzige Frau teilnehme, wenn ich beginne zu sprechen. Diese besonders hohe Aufmerksamkeit in diesem Moment hätte ein Mann unter vielen Männern wohl nicht. Sehr häufig ist es aber gerade in der Bau- und Projektwelt egal ob Frau oder Mann, weil es schon nach kurzer Zeit auf die Leistungen und Ergebnisse ankommt.

VCÖ-Magazin: Was empfehlen Sie jungen Frauen, die sich für eine berufliche Tätigkeit im Mobilitätsbereich interessieren?

Judith Engel: Ich empfehle jungen Mädchen und jungen Frauen und im übrigen auch Buben und Männern, jedenfalls diesen Weg der Ausbildung und der beruflichen Orientierung zu wählen. Die Ausbildung ist spannend, vielfältig und bei weitem nicht so viel schwieriger als andere Ausbildungen wie oft behauptet. Die beruflichen Möglichkeiten sind weit umfangreicher als vielen bewusst ist und die Themen im Mobilitätsbereich beeinflussen unser aller Leben ganz unmittelbar. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass es bereits im Kindergarten erforderlich wäre, die Vielfalt von Ausbildungen und Berufswegen für Kinder greifbar zu machen und bei dieser Gelegenheit auch Frauen in diesem Bereich sichtbar zu machen.

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Mit flexiblen Angeboten Auto–Abhängigkeit reduzieren

Weniger als die Hälfte der Bevölkerung in Österreich wohnt in fußläufiger Distanz zu einem guten Angebot an öffentlichen Verkehrsverbindungen. Insbesondere dünn besiedelte und zersiedelte Regionen sind durch den Öffentlichen Verkehr nur lückenhaft erschlossen. Rund die Hälfte der Bevölkerung sieht eingeschränkte Betriebszeiten an Randzeiten und Wochenenden als große Barriere bei der Nutzung. Auto-Abhängigkeit ist die Folge und verursacht zusätzliche CO2-Emissionen sowie für die Bevölkerung hohe Kosten.

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Foto: Spencer Imbrock, unsplash

Bessere Mobilität für die Regionen

Auch die Menschen in den Regionen haben das Recht auf ein gutes, öffentlich zugängliches Mobilitätsangebot. Dazu zählt neben öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Mikro-ÖV-Angeboten auch eine sichere Rad-Infrastruktur. Dass auch in dünner besiedelten Regionen ein qualitätsvolles öffentliches Mobilitätsangebot möglich ist, zeigen Beispiele sowohl in Österreich als auch international. Damit wird die Mobilität der Bevölkerung erhöht. Statt Autoabhängigkeit gibt es mehr Freiheit in der Verkehrsmittelwahl, was wiederum die Mobilitätskosten für die Bevölkerung reduziert. Die Region wird sowohl als Wohn- als auch Arbeitsort attraktiver und nicht zuletzt kommt Österreich damit auch seinen Klimazielen näher.

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