Aus der Praxis - Judith Engel

Eine technische Laufbahn kann ich auch Frauen nur empfehlen

Judith Engel, ÖBB-Infrastruktur AG, Mitglied des Vorstands

VCÖ-Magazin: Sie haben bereits in verschiedenen Leitungsfunktionen im Verkehrsbereich gearbeitet – hat es eine Frau schwerer, sich da durchzusetzen?

Judith Engel: Als Frau im Kollegenkreis einer beruflichen Minderheit anzugehören hat Vorteile und Nachteile und meist aber auch gar keine Auswirkung. Der Nachteil ist natürlich da und dort eine Skepsis auf die ich offen oder auch verdeckt gestoßen bin, schließlich hat das ja noch keine Frau in dieser Funktion vorher gemacht. Der Vorteil ist ganz klar eine besondere Aufmerksamkeit von der Kollegenschaft, die ich manchmal sehr positiv nutzen konnte. Es gibt diesen kurzen Moment in einer Besprechung, in der ich als einzige Frau teilnehme, wenn ich beginne zu sprechen. Diese besonders hohe Aufmerksamkeit in diesem Moment hätte ein Mann unter vielen Männern wohl nicht. Sehr häufig ist es aber gerade in der Bau- und Projektwelt egal ob Frau oder Mann, weil es schon nach kurzer Zeit auf die Leistungen und Ergebnisse ankommt.

VCÖ-Magazin: Was empfehlen Sie jungen Frauen, die sich für eine berufliche Tätigkeit im Mobilitätsbereich interessieren?

Judith Engel: Ich empfehle jungen Mädchen und jungen Frauen und im übrigen auch Buben und Männern, jedenfalls diesen Weg der Ausbildung und der beruflichen Orientierung zu wählen. Die Ausbildung ist spannend, vielfältig und bei weitem nicht so viel schwieriger als andere Ausbildungen wie oft behauptet. Die beruflichen Möglichkeiten sind weit umfangreicher als vielen bewusst ist und die Themen im Mobilitätsbereich beeinflussen unser aller Leben ganz unmittelbar. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass es bereits im Kindergarten erforderlich wäre, die Vielfalt von Ausbildungen und Berufswegen für Kinder greifbar zu machen und bei dieser Gelegenheit auch Frauen in diesem Bereich sichtbar zu machen.

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Zersiedelung schafft soziale Probleme in der Mobilität

Im Jahr 2025 werden über 920.000 Menschen in Österreich 75 Jahre oder älter sein – das sind um 120.000 Personen mehr als heute. Aktuell haben etwa 20 Prozent der Bevölkerung Österreichs keine Haltestelle des Öffentlichen Verkehrs mit Mindestbedienfrequenz in fußläufiger Entfernung („ÖV-Güteklasse“), weitere 14 Prozent haben lediglich eine Basiserschließung am Wohnort.
Zersiedelung erschwert es, die Nachfrage für öffentliche Verkehrsmittel zu bündeln und ein gutes Angebot zu organisieren. Und die größeren Entfernungen in zersiedelten Gebieten verschlechtern die Voraussetzung, Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Viele ältere Menschen, aber auch Kinder, Jugendliche und andere Personen ohne die Möglichkeit, jederzeit selbst einen Pkw zu lenken, werden so in ihrer Mobilität massiv eingeschränkt.

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