Ausgezeichnet beim VCÖ-Mobilitätspreis 2023: Begrünter Boulevard statt Kfz-Fahrbahn

Weniger Platz für den Kfz-Verkehr, neue Wohneinheiten mit umfassendem Mobilitätsangebot sowie ein begrünter Boulevard fürs Gehen und Radfahren rücken in Wiener Neudorf zukunftstaugliche Mobilität in den Mittelpunkt.

Eine Wohnhausanlage, in der Bewohnerinnen und Bewohner eine Jahreskarte für den Öffentlichen Verkehr erhalten. Gibt´s nicht? Doch. In der 114 Wohnungen umfassenden Wohnhausanlage im Zentrum von Wiener Neudorf stehen dafür 600 Euro pro Person und 1.200 Euro pro Wohnung zur Verfügung. Eine gute Anbindung des Gebäudes ist durch die Station der Badner Bahn gewährleistet, die nur eine Gehminute entfernt ist. Außerdem wurde ein Sharing-Angebot mit Carsharing und Elektro-Fahrrädern eingerichtet. Es gibt deutlich mehr Radabstellplätze als vorgeschrieben, und im Geschäftsteil des Gebäudes wird ein Fahrradgeschäft einziehen. Hier können die Bewohnerinnen und Bewohner dann bequem das im Mobilitätskonzept vereinbarte Fahrradservice in Anspruch nehmen. Eine persönliche Mobilitätsberatung macht das Angebot komplett.

Umgestaltung der Infrastruktur

Und auch das Wohnumfeld wurde neu gestaltet. Die Straße wurde um eine Kfz-Fahrbahn reduziert, vor der Wohnhausanlage entstand ein begrünter Boulevard mit viel Platz zum Gehen und Verweilen. „Davor gab es hier direkt neben der Bundesstraße nur einen sehr schmalen Gehsteig mit Spritzschutz“, berichtet der Projektleiter Fritz Hudribusch von der Stadtgemeinde Wiener Neudorf. Eine großzügige Grünfläche trennt die Straße vom Boulevard und sorgt so nicht nur für mehr Aufenthaltsqualität, sondern fördert mithilfe insektenfreundlicher Sträucher auch die Biodiversität. Für Fritz Hudribusch steht fest, dass die Bepflanzung hilft, Klimawandelfolgen abzuschwächen: „Niederschlagswasser sickert über die Pflastersteine in die Pflanzflächen, durch die Ausgestaltung dieser nach dem Schwammstadt-Prinzip wird das Wasser im Wurzelraum der Bäume gespeichert. Es kann von ihnen aufgenommen werden und über die Blätter verdunsten, dies trägt zur positiven Beeinflussung des städtischen Mikroklimas bei.“ Bereits jetzt ist die Umgebungstemperatur durch den begrünten Boulevard messbar verringert. Auch die Radinfrastruktur wurde weiter verbessert. „Es fahren jetzt so viele mehr mit dem Rad, weil wir sichere Radwege geschaffen haben“, sagt Norman Pigisch, Vizebürgermeister von Wiener Neudorf. Dieses Projekt der Stadtgemeinde Wiener Neudorf ist Gesamtsieger des diesjährigen VCÖ-Mobilitätspreis Österreich, der vom VCÖ in Kooperation mit dem Klimaschutzministerium und den ÖBB durchgeführt und unter dem Motto „Zukunft jetzt gestalten“ stand. VCÖ-Geschäftsführerin Ulla Rasmussen unterstreicht die Vorbildwirkung des Projekts: „Wiener Neudorf hat gezeigt, wie im Ortskern auch stark befahrene Bundesstraßen für Mensch und Umwelt besser gestaltet werden können. Klimaverträgliches Mobilitätsangebot und Infrastruktur bei Wohnhausanlagen von Beginn an mit einplanen ist ebenfalls Vorbild für hoffentlich viele andere“.

Park statt Parkplatz

Auch das Gewinnerprojekt der Kategorie „Raumordnung“ beim VCÖ- Mobilitätspreis Österreich setzt auf Entsiegelung. In der Stadtgemeinde Tulln wird der Nibelungenplatz umgestaltet. Wo bisher eine versiegelte Asphaltfläche mit 211 Pkw- Abstellplätzen war, entsteht nun ein Park als Ort der Begegnung. 71 Prozent der Fläche werden komplett entsiegelt, großkronige Bäume gepflanzt, das Schwammstadt-Prinzip, bei dem Regenwasser versickert und länger im Boden gespeichert wird, verbessert zusätzlich das Mikroklima. Die Bevölkerung wurde stark einbezogen und hat sich in einer Befragung mit großer Mehrheit für jenes Konzept entschieden, bei dem die größte Anzahl an Pkw-Abstellplätzen durch Grünflächen ersetzt werden. Die Stadt Tulln weist auch auf den wirtschaftlichen Aspekt hin: Eine hohe Aufenthaltsqualität macht den Stadtkern lebendig, stärkt Nahversorgung und Einzelhandel.

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VCÖ: Kilometergeld erhöht Anreize zur Nutzung von Öffentlichen Verkehr, Fahrrad und Fahrgemeinschaften

VCÖ (Wien, 4. Juli 2024) – Dienstfahrten werden in Österreich derzeit überwiegend mit dem Auto gefahren und verursachen pro Jahr fast eine Million Tonnen klimaschädliches CO2, macht die Mobilitätsorganisation VCÖ aufmerksam. Die Einführung des Zuschusses für Fahrten mit dem Öffentlichen Verkehr für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist ein Anreiz, dienstliche Wege vermehrt mit dem Öffentlichen Verkehr zurückzulegen. Rund die Hälfte der Dienstfahrten sind kürzer als zehn Kilometer. Die Angleichung des Fahrrad-Kilometergelds auf 50 Cent macht es attraktiv, kürzere Dienstfahrten mit dem Rad zu fahren, stellt der VCÖ fest.

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Foto: Stefan Raab

VCÖ: Zahl der Verkehrstoten ist im 1. Halbjahr stark zurückgegangen – aber bereits 130 Todesopfer

VCÖ (Wien, 1. Juli 2024) – Die Zahl der Verkehrstoten ist heuer im 1. Halbjahr um 27 Prozent zurückgegangen, informiert die Mobilitätsorganisation VCÖ. Seit Jahresbeginn kamen in Österreich 130 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, um 49 weniger als im 1. Halbjahr 2023. In keinem einzigen Bundesland nahm die Anzahl der im Straßenverkehr tödlich Verunglückten zu. Im Vorjahr war die Zahl der Verkehrstoten im zweiten Halbjahr um ein Viertel höher als im 1. Halbjahr. Mit verstärkten Verkehrssicherheitsmaßnahmen kann die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden weiter reduziert werden, betont der VCÖ.

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Foto: Sarah Duit