Gut zu Fuß auch im Alter

Im Alter nimmt die Bedeutung des Gehens in der Alltagsmobilität stark zu. Attraktive und sichere Rahmenbedingungen für Fußgängerinnen und Fußgänger fördern die Unabhängigkeit und soziale Inklusion älterer Menschen.
Von Susanne Wolf
Fußgängerfreundliche Wege tragen entscheidend dazu bei, dass ältere Menschen mobil und selbständig bleiben“, sagt Christine Zopf-Renner von der Mobilitätszentrale Burgenland. Ein „Masterplan Gehen“ soll die Bedingungen für Fußgängerinnen und Fußgänger verbessern und die aktive Mobilität im Burgenland fördern. Der Beschluss soll noch heuer erfolgen, derzeit wird ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. „Die Vorteile des Gehens liegen auf der Hand: Es ist gesund, klimafreundlich, stärkt die Ortskerne und unterstützt die Nahversorgung“, ergänzt Zopf-Renner. Von den besseren Bedingungen für das Gehen profitieren also alle, ältere Menschen aber ganz besonders. Denn für Personen über 65 Jahre spielt das Gehen in ihrer Alltagsmobilität eine weit größere Rolle als für jüngere Erwachsene. Die Mobilitätserhebung für das Bundesland Salzburg zeigt etwa, dass Menschen über 85 Jahre 39 Prozent ihrer Alltagswege zu Fuß gehen, bei den 65- bis 74-Jährigen sind es 27 Prozent. Die Altersgruppen darunter gehen hingegen nur 13 bis 16 Prozent ihrer Wege zu Fuß.
Mehr gesellschaftliche Teilhabe
Gehen bringt für ältere Menschen zahlreiche Vorteile: Mobil zu bleiben ermöglicht mehr Unabhängigkeit sowie den Erhalt von gesellschaftlicher Teilhabe und sozialen Beziehungen. Unfreiwillige Mobilitätseinschränkungen können sich dagegen negativ auf das Selbstwertgefühl und die gesundheitliche Entwicklung der Betroffenen auswirken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt zumindest 150 Minuten Bewegung pro Woche. Das kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vorbeugen und das Risiko von Krebs und Osteoporose verringern. Enge Verbindungen bestehen auch zwischen körperlicher Bewegung und psychischer Gesundheit, schon 5.000 Schritte pro Tag bringen eine signifikante Verbesserung, wie eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Auswertung von 33 Einzelstudien durch eine spanische Forschungsgruppe zeigt. Gehen kann Symptome von Angst und Depressionen mildern, den Schlaf verbessern und zu mehr Kreativität und besserer Gedächtnisleistung führen. Es fördert soziale Bindung und reduziert damit Einsamkeit, die in der Medizin als wachsendes Gesundheitsrisiko, insbesondere für ältere Personen, erkannt wird. Die Infrastruktur fürs Gehen spielt eine wichtige Rolle: Seniorinnen und Senioren, die in gehfreundlichen Vierteln leben, sind deutlich häufiger zu Fuß mobil als ältere Menschen in anderen Gegenden. Häufiges Gehen wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus, der in der ersten Gruppe signifikant niedriger ist, wie eine kanadische Studie zeigt.
Hindernisfreie Gehwege und längere Grünphasen
Umso wichtiger ist es – auch angesichts der stark wachsenden Anzahl älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung – Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Gehen angenehm und sicher machen. Die Anforderungen sind längst klar – und werden auch vielerorts umgesetzt: ein dichtes Netz an breiten, hindernisfreien Gehwegen, längere Grünphasen an den Fußgängerampeln, Sitzgelegenheiten, öffentliche Toiletten. Vor allem sollten möglichst viele Orte des täglichen Lebens fußläufig erreichbar sein. Hier sind Stadt- und Raumplanung gefragt.
Insgesamt leiden ältere Menschen besonders unter den hohen Geschwindigkeiten des motorisierten Verkehrs. Maßnahmen wie Tempo 30 bringen große Verbesserungen. „Viele unserer Pflegeeinrichtungen befinden sich bereits seit längerer Zeit in Tempo-30-Zonen“, sagt
Alexander Streli, Fachreferent der Caritas Österreich für den Bereich Pflege und Betreuung. Er merkt jedoch an, dass die Umsetzung immer noch mit hohen bürokratischen Aufwänden verbunden sei, obwohl der Nutzen groß ist. „Wir erkennen, dass sich Tempo 30 positiv auf die Verkehrssicherheit und vor allem auf die Teilhabe der betroffenen Menschen am gesellschaftlichen Leben auswirkt.“
Altersgerechte Gemeinden
Neben den guten infrastrukturellen Rahmenbedingungen für die Alltagswege spielen auch Initiativen, die das Gehen als angenehme und gesunde Betätigung ins Bewusstsein rücken, eine wichtige Rolle. „Die Stadt Feldbach ist sich der Herausforderungen und Chancen des demografischen Wandels bewusst und hat sich entschieden, als vorbildliche, altersgerechte Stadt eine wegweisende Rolle einzunehmen“, sagt Vizebürgermeisterin Sonja Skalnik. Im Rahmen der „Feldbacher Spaziergänge“ wurde der altersgerechte Raabspaziergang entwickelt – ein rund 2,6 Kilometer langer barrierefreier Rundweg, der speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen abgestimmt ist. Entlang der Route laden zahlreiche Erlebnisstationen, darunter Bewegungsgeräte, Klangobjekte und Ruhebereiche, zur aktiven Erholung ein. „Eine lebenswerte Stadt wird von allen Generationen gemeinsam gestaltet und bietet für jede Altersgruppe Lebensräume, die an ihre Bedürfnisse angepasst sind“, ergänzt Skalnik. Mit ihrer Unterschrift unter die Dubliner Deklaration für „altersfreundliche Städte und Gemeinden“ setzte Feldbach ein starkes Zeichen für die Förderung von Generationenfreundlichkeit. Ob in der Steiermark oder im Burgenland: Von Maßnahmen, die das Gehen für ältere Menschen leichter und sicherer machen, profitieren letztendlich alle.
Wie gesunde und selbstbestimmte Mobilität im Alter zu fördern ist
Ältere Menschen gehen häufiger zu Fuß als sie mit dem Auto fahren. Für eine altersgerechte Mobilität braucht es unter anderem breite, sichere Gehwege, niedrige Tempolimits, sichere Querungsmöglichkeiten, Sitzmöglichkeiten und schattige Aufenthaltsbereiche, wie dieses VCÖ-Factsheet zeigt.