Maßnahmen für Wohlbefinden und Gesundheit

Menschen im Sonnenuntergang vor einem Wasserspiel in der Stadt

Die Belastung der menschlichen Gesundheit durch den Klimawandel ist bereits deutlich spürbar. Klimaresilienz, die auch soziale und psychische Faktoren berücksichtigt, steht deshalb zunehmend im Fokus der Stadtentwicklung.

Von Doris Neubauer

Zwischen den Jahren 1961 und 1990 gab es in Wien (Hohe Warte) im Schnitt zehn Hitzetage, im Jahr 2024 waren es 45. Die Anzahl der Tropennächte stieg im gleichen Zeitraum von zwei auf 26 – und die Entwicklung geht rasant weiter. Für Menschen wie Tiere bedeuten solche Tage mit über 30 Grad Celsius und Nachttemperaturen von mehr als 20 Grad eine große gesundheitliche Belastung. Laut einer aktuellen Studie des KfV zu „Hitze- und Sommergefahren“ hat fast die Hälfte der 1.200 Befragten an Hitzetagen bereits einen Schwächeanfall erlitten oder im Umfeld registriert. 33 Prozent klagten über Atembeschwerden und 35 Prozent gaben an, dass Hitze bei ihnen schon zu Gereiztheit beziehungsweise erhöhter Aggression geführt hätte. 40 Prozent haben das in ihrem Umfeld registriert. Auch wenn Hitzeextreme alle beeinträchtigen, sind vulnerable Gruppen, wie Menschen hohen Alters, Schwangere, Babys, Kinder und Personen mit chronischen Erkrankungen und Vorbelastungen, besonders betroffen. Zudem kommt es zu einer hitzebedingten Übersterblichkeit. Im Jahr 2023 gab es in Europa mehr als 47.000 Hitzetote.

Aufgaben der Stadtentwicklung

„Hitzebelastung ist das Kernthema“, bestätigt Markus Keck, Professor am Zentrum für Klimaresilienz (ZfK) an der Universität Augsburg – vor allem in Europa, das sich nach Daten des EU-Klimaforschungsdiensts Copernicus am schnellsten erwärmt und wo auch die Auswirkungen des Klimawandels deutlich spürbar sind. Neben Hitze zählen Überschwemmungsgefahr durch Starkregen, Trockenheit, aber auch schlechtere Luftqualität zu diesen Auswirkungen. Dementsprechend habe sich in den letzten Jahren das Thema Klimaresilienz, also die Widerstandsfähigkeit sozial-ökologischer Systeme gegenüber den Folgen des Klimawandels, als eine Facette der Stadtentwicklung etabliert. „Wenn man Grünflächen ausbaut und bestimmte Gebiete für Sickerflächen vorbehalten sind, helfen diese grünen Infrastrukturelemente, dass sich die Umgebung bei der nächsten Hitzewelle nicht so stark aufheizt“, nennt Keck Beispiele im Öffentlichen Raum, „und das kommt der Gesundheit von Menschen zugute.“ Ist der Öffentliche Raum nicht wie bisher von Beton und Asphalt geprägt, sondern von begrünten Plätzen und Fassaden, Bäumen, beschatteten Sitzbänken, Trinkbrunnen oder Wasserspielen, trägt das auf einer weiteren Ebene zur Lebensqualität in Städten bei: „Die erholsame Wirkung der Natur auf die Psyche ist in der Umweltpsychologie umfassend erforscht“, weiß die Stadt- und Gesundheitspsychologin Cornelia Ehmayer-Rosinak. Sie verbessere erwiesenermaßen das psychologische Wohlbefinden, reduziere Stress und trage zu positiver Stimmung bei. Das würden die Menschen spüren: „Ich glaube nicht, dass sie Grün nur wollen, weil es hübsch ist“, meint sie. Die Beliebtheit von bepflanzten und beschatteten Aufenthaltsräumen würde das bestätigen.

Orte der Begegnung

Mit Nebelduschen oder einer Baumallee allein ist es aber nicht getan, auch soziale Faktoren spielen eine Rolle. Zu diesem Ergebnis kam das Forschungsprojekt COOLCITY der Universität für Bodenkultur Wien: Sogenanntes Sozialkapital, also der Zusammenhalt in einer Gesellschaft und die Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern, könne Hitzestress mildern. Dafür schlugen die Forschenden etwa einen vereinfachten Zugang zu kühlen Gemeinschaftsräumen und Innenhöfen oder Begegnungsprogramme für die Nachbarschaft vor. Denn: „Nachbarschaft entsteht nicht dort, wo alle mit dem Auto fahren“, bestätigt Ehmayer-Rosinak. „Man braucht die Begegnung miteinander.“ Nur so können Bindungen aufgebaut und Vertrauen entwickelt werden, was wiederum die psychische Gesundheit stärkt. Grätzeln mit eher dörflichem Charakter, in denen sich die Leute zu Fuß oder mit dem Rad fortbewegen, wo es einfacher ist, miteinander ins Gespräch zu kommen, kommen deshalb besser durch Krisen.

Doch auch Maßnahmen, die unbestritten als wirksam gelten, können nicht überall umgesetzt werden. „Viele Räume sind belegt, in der Stadt sowieso“, sagt Markus Keck. „Kommunen haben Gestaltungsgrenzen und es entstehen Konkurrenzsituationen, etwa im Verkehr.“ Um hier Kompromisse zu finden, haben sich vielerorts Resilienz- und Nachhaltigkeitsräte bewährt, die das Thema für die Stadt als Ganzes betrachten. „Resilienz benötigt eine übergeordnete Strategie. Es geht nicht um das Setzen von einzelnen Maßnahmen, sondern darum, eine klimaresiliente Stadt zu werden“, ist er überzeugt. Und die zeichnet sich seiner Meinung nach nicht allein durch die Infrastruktur aus, sondern durch eine Haltung: „Resilienz heißt immer, es gemeinsam anzupacken.“

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