Nachgefragt - Harald Frey

Auch die Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs profitieren von Tempo 30

Harald Frey, Senior Scientist TU-Wien, Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

Tempo 30 hat im Zusammenhang mit dem Kfz-Verkehr vielfache positive Auswirkungen. Aber was bedeutet Tempo 30 für die Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs? Das VCÖ-Magazin hat beim Verkehrswissenschafter Harald Frey von der Technischen Universität Wien nachgefragt.

VCÖ-Magazin: Vieles spricht für Tempo 30 …

Harald Frey: Ja, die Vorteile von Tempo 30 sind ausreichend dokumentiert und überprüfbar. Tempo 30 erhöht die Verkehrssicherheit, die Lebensqualität und verbessert den Verkehrsfluss.

VCÖ-Magazin: Immer wieder taucht in Diskussionen als Gegenargument mögliche Fahrzeitverlängerungen für den Öffentlichen Verkehr auf. Ist es ein stichhaltiges Argument?

Harald Frey: Studien zeigen, dass eine Reduktion von Tempo 50 auf Tempo 30 zwar Einfluss auf die Fahrzeit im Öffentlichen Verkehr hat, die Auswirkungen aber insgesamt gering sind und sich mit entsprechenden Maßnahmen minimieren oder vermeiden lassen. Busse und Straßenbahnen sind meistens langsamer als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit unterwegs, diese wird oft nicht oder nur für kurze Abschnitte erreicht. Entsprechend fallen die Fahrzeitverlängerungen im Alltagsbetrieb geringer aus als bei theoretischen Berechnungen – insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten und in dicht besiedelten Gebieten mit vielen Haltestellen und Verkehrslichtsignalanlagen. Studien zeigen, dass für Busse nach Einführung von Tempo 30 im Mittel von 1,5 Sekunden zusätzlicher Fahrtzeit pro 100 Meter ausgegangen werden kann. Insgesamt betrachtet profitierten die Fahrgäste im Öffentlichen Verkehr von Tempo 30 am Straßennetz. Verstetigter und homogenerer Verkehrsfluss (und damit auch geringerer Verschleiß im Fahrbetrieb), erhöhte Aufenthaltsqualität und bessere Zugänglichkeit zu den Haltestellen, weniger Lärm und mehr Verkehrssicherheit.

VCÖ-Magazin: Welche Maßnahmen können den  Öffentlichen  Verkehr beschleunigen?

Harald Frey: Beispielsweise Kaphaltestellen anstelle von Busbuchten, Priorisierung des Öffentlichen Verkehrs bei Verkehrslichtsignalanlagen beziehungsweise Reduktion von Wartezeiten an Verkehrslichtsignalanlagen durch insgesamt weniger Autoverkehr. Der Öffentliche Verkehr wird in der Regel durch die öffentliche Hand bestellt und (mit-)finanziert. Deshalb ist für die Gesamtbetrachtung auch der volkswirtschaftliche Nutzen von Tempo 30 mit zu berücksichtigen und rein betriebswirtschaftlichen Argumenten gegenüberzustellen.

Zurück zur Übersicht

VCÖ: Jeder 2. tödliche Fußgängerunfall bei Dunkelheit oder Dämmerung passierte im Vorjahr im November und Dezember

VCÖ (Wien, 27. Oktober 2025) – Im November und Dezember nimmt die Zahl von Verkehrsunfällen bei Dämmerung und Dunkelheit deutlich zu, insbesondere Fußgängerinnen und Fußgänger werden häufiger Opfer von Verkehrsunfällen, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Von den tödlichen Fußgängerunfällen bei Dunkelheit oder Dämmerung passierten im Vorjahr 48 Prozent im November oder Dezember. Noch höher ist der Anteil bei den tödlichen Schutzwegunfällen und bei Seniorinnen und Senioren. Die Mobilitätsorganisation VCÖ fordert mehr Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet und erinnert daran, dass auf Sicht fahren bei Dunkelheit und Dämmerung langsamer fahren bedeutet.

Mehr dazu

VCÖ begrüßt Ermöglichung automationsunterstützter Zufahrtskontrolle durch StVO-Novelle

VCÖ (Wien, 16. Oktober 2025) – Der VCÖ begrüßt in einer ersten Reaktion die Ermöglichung der automatisationsunterstützten Zufahrtskontrolle, die von zahlreichen Städten für die Umsetzung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen gefordert wurde. Automatisationsunterstützte Zufahrtskontrollen gibt es international bereits in zahlreichen Städten. Die Helmpflicht für unter 14-Jährige für Elektro-Fahrräder und unter 16-Jährige bei E-Scooter ist  gut, wichtig ist aber für die Verkehrssicherheit, dass einerseits das Tempo bei E-Scooter wie in Deutschland und der Schweiz auf 20 km/h gedrosselt wird und dass die zahlreichen Lücken im Radwegenetz rasch geschlossen werden. Zudem muss die Umsetzung der neuen Vorschriften für E-Scooter und für die zweirädigen Kleinkrafträder ohne Pedale im Sinne des Konsumentenschutzes mit entsprechend langen Übergangsfristen erfolgen.  

Mehr dazu