Nachgefragt - Nicolas Haverkamp

„Ältere Menschen wollen Alternativen zum Auto“

Porträtfoto von Nicolas Haverkamp
Nicolas Haverkamp, Psychologe und Alternsforscher, Co-Autor von „Mobilität 2030. Zukunftsszenarien für eine alternde Gesellschaft“ (Transcript, 2016).

VCÖ-Magazin: Was sind die größten Herausforderungen, um unser Mobilitätssystem für die stark wachsende Anzahl älterer Menschen fit zu machen?

Nicolas Haverkamp: Einerseits ist hier schlicht die große Personenzahl der sogenannten Babyboomer-Generation zu nennen. Ein spezifischer Aspekt der Mobilität dieser Gruppe ist sicherlich, dass über 90 Prozent den Führerschein haben sowie einen Pkw im Haushalt besitzen. Wir haben es also mit einer absolut Pkw-fixierten Generation zu tun. Dementsprechend wird es wichtig sein, diese bei den Planungsprozessen nicht zu übergehen: Eine sehr bewährte Methode ist hier Partizipation. Wenn man die Menschen zu ihren Bedürfnissen befragt, werden aus Betroffenen nämlich Beteiligte.

VCÖ-Magazin: Welche Möglichkeiten gibt es, ein autozentriertes Mobilitätsverhalten auch im höheren Alter noch zu verändern?

Nicolas Haverkamp: Interessanterweise geben die Babyboomer bei aller Autofixierung an, dass sie im Alter durchaus auf den Pkw verzichten wollen – allerdings nur bei entsprechend attraktiven Alternativen. Wichtige Aspekte hierbei sind das Sicherheitsgefühl im Öffentlichen Raum und Nahverkehr, aber auch die Anbindung an Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Der letzte Punkt wird vor allem außerhalb der Städte bereits jetzt zum Problem: Wenn Ärzte, Apotheken, Supermärkte und so weiter nicht ausreichend an den Öffentlichen Verkehr angebunden sind, bleibt nur das Auto als Verkehrsmittel – unabhängig von der grundsätzlichen Bereitschaft, Alternativen zu nutzen.

VCÖ-Magazin: Unterscheidet sich die Alterskohorte, die ab 2030 in Pension gehen wird, in Hinsicht auf ihr Mobilitätsverhalten von der davor?

Nicolas Haverkamp: Die Babyboomer sind – ebenso wie die Generation zuvor – eine absolute Pkw-Generation, jedoch bezüglich ihrer Technikaffinität grundsätzlich wesentlich fitter als ihre „Vorgänger“. Entscheidend ist, dass ihnen möglichst niedrigschwellige, unkomplizierte Angebote gemacht werden. Das gilt für verschiedenste Bereiche, wie zum Beispiel Ticketing, Navigation oder Fahrassistenz.

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Personenverkehr auf der Bahn ist fünf mal energieeffizienter als mit Pkw

Allein der Pkw-Verkehr der Privathaushalte im Bundesland Vorarlberg verbraucht beinahe so viel Energie wie alle Bahnen in Österreich im Personenverkehr. Mit diesem Energieaufwand wurden im Jahr 2016 in Vorarlberg 2,3 Milliarden Personenkilometer mit dem Auto zurückgelegt, dagegen mit der Bahn in ganz Österreich 12,6 Milliarden Personenkilometer.
An CO2-Ausstoß verursachte der Personenverkehr mit der Bahn im Jahr 2016 österreichweit rund 179.000 Tonnen, allein die Autofahrten der Vorarlberger Haushalte verursachten rund 400.000 Tonnen CO2. Selbst inklusive dem Energieaufwand für den Güterverkehr benötigt die Bahn in ganz Österreich nur etwa so viel Energie wie die Pkw der Haushalte im Bundesland Salzburg.

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