Österreichs Städte werden zunehmend klimafitter

Die umgestaltete Thaliastraßen in Wien mit mehr Grün und Sitzbänken

Städte sind in der Klimakrise besonders gefordert. Sie setzen auf Begrünung und Beschattung, Wasserelemente und helle Oberflächen, Stadtklimaanalysen und Entsiegelung. Statt Autoabstellplätzen entsteht Raum für Menschen.

Von Petra Sturm

Von Wien bis Wels, von Villach bis St. Pölten, Städte gestalten um: Rund 40.000 Quadratmeter werden für das Projekt „Volksgarten neu“ in Wels entsiegelt. Ende April 2025 starteten die Bauarbeiten, im Jahr 2026 soll der zehn Hektar große Park fertig sein. Eine Umgestaltung, die sich „maßgeblich auf die Lebensqualität in der Stadt auswirken“ wird, so die Stadt Wels. Den Hauptplatz von Villach schmücken seit Mai 2025 zehn Eichen, er ist jetzt Teil einer Schwammstadt, genauso wie der im Jahr 2024 teilfertiggestellte Promenadenring in St. Pölten, wo bis ins Jahr 2028 auf 2,3 Kilometern Länge das Schwammstadt- Prinzip zum Einsatz kommen soll. Rund 200 Bäume sowie Sträucher und Blumen wird der grüne Ring um St. Pöltens Altstadt umfassen. Asphaltierter Verkehrsraum weicht freundlichen und versickerungsoffenen Belägen, die Aufenthaltsqualität steigt.

Grüne und blaue Infrastruktur

„Die Stadt dient den Menschen als erweitertes Wohnzimmer und sollte entsprechend hochwertig gestaltet sein“, sagt Sabine Dessovic, Landschaftsarchitektin und Geschäftsführerin von DnD Landschaftsplanung. DnD hat neben dem Promenadenring in St. Pölten und dem Nibelungenplatz in Tulln unter anderem in Wien den Praterstern, die Thaliastraße und die Neubaugasse umgestaltet. Best Practice im Öffentlichen Raum, das sind für Dessovic multifunktionale Freiräume, bei denen Begrünung, Regenwassermanagement, Biodiversität, soziale Nutzung und Mobilität gemeinsam gedacht werden. „Wo Parkplätze weichen, entsteht Platz für Menschen und Aufenthalt.“ In der Thaliastraße entstanden „stattdessen Sitzbuchten, Pocketparks und breitere Gehwege.“ Die Umgestaltung der Neubaugasse „zeigt, wie Mobilität, Begrünung und Aufenthaltsqualität in Einklang gebracht werden können.“ Neben der grünen wird auch die blaue Infrastruktur immer wichtiger. Kaum eine Planung komme ohne Nebelstelen, Wassersprinkler oder Spielbrunnen aus. Und es werde auch immer deutlicher: „Begrünung ist effektiver Klimaschutz und darf nicht als ästhetisches Add-on verstanden werden. Schatten, Verdunstung und Windschneisen schützen die Menschen vor urbaner Überhitzung“, so Dessovic.

Stadtklimaanalysen, wie sie etwa die Weatherpark GmbH durchführt, werden als Grundlageninformation für Städte und Gemeinden immer wichtiger. „Mobilität spielt eine vielfältige und äußerst wichtige Rolle beim Stadtklima“, sagt Weatherpark-Geschäftsführer Simon Tschannett. Flächengerechtigkeit müsse dabei weitergedacht werden. Es gehe um größerskalige Effekte wie Hitzespeicherung durch versiegelte, dunkle Asphaltflächen oder darum, wie Kaltluft in den sogenannten Kaltluftschneisen ungehindert in die Stadt fließen könne. „Kaltluftschneisen sind immens wichtig zur Abkühlung der Städte, sie dürfen nicht so verbaut werden, dass die Kaltluft abgeschwächt, abgebremst oder blockiert wird“, so der Meteorologe. Um sich an heißen Tagen in der Stadt bewegen zu können, „müssten außerdem viel mehr Flächen im Öffentlichen Raum beschattet werden“, etwa an Kreuzungen für Fußgängerinnen und Fußgänger und Radfahrende. Für die 2024 fertig gestellte Umgestaltung der Wiener Praterstraße, bei der Weatherpark involviert war, wurde zum Beispiel auf eine möglichst durchgängige Beschattung des Radwegs geachtet: Durch die beiden bestehenden Baumreihen und eine dritte Baumreihe in der Mitte der Straße erhält der im letzten Jahr neu eröffnete Radweg zukünftig auch in der stärksten Nachmittagshitze Schatten.

Entsiegelung und neue Wege

Auch Straßen- und Wegebeläge stehen bei Klimaanpassungsmaßnahmen zunehmend im Fokus: Um Oberflächentemperaturen zu reduzieren, wird von der Stadt Wien am Liesingbach-Radweg seit dem Frühjahr 2025 der Einsatz von versickerungsfähigen, hellen Asphaltbelagen für Geh- und Radwege getestet. „Durch helle, offenporige Asphalte können die Oberflächentemperaturen teils um 10 bis 15 Grad gesenkt werden“, so Bereichsleiter Wolfgang Ablinger. Für die größte Stadt Österreichs steht laut „Wien Plan 2035“ „die Bewältigung der Klimakrise bei allen Vorhaben der Stadtentwicklung an oberster Stelle“. Stadtplaner Kurt Hofstetter, zuständig für strategische Projekte und Internationales bei der Stadt Wien, misst dabei der Entsiegelung in der gesamtheitlichen Betrachtung eine hohe Bedeutung zu. So lasse sich etwa „bei den aktuellen Entsiegelungsmaßnahmen in der Seestadt Aspern ablesen, wie stark sich die Planungsprämissen innerhalb von 15 Jahren verändert haben – man würde heute zweifellos anders an die Oberflächengestaltung herangehen.“ In der Seestadt erhält der Hannah-Arendt-Park mehr Grün und Schatten durch Rasenflächen und zusätzliche Bäume, der Maria-Trapp-Platz wird entsiegelt. Zu verdanken ist das nicht zuletzt der Initiative SeeStadtgrün. Die Vereinsmitglieder haben zunächst gegen die "vielen Hitzeinseln mit geringer Aufenthaltsqualität" mehrere Quadratmeter selbst begrünt und einen gemeinschaftlichen Pocketpark angelegt. Eine Petition mit anschließender Bürgerversammlung zeigte große Wirkung – die Stadt reagierte und begann mit der Umgestaltung. Das ermunternde Fazit von SeeStadtgrün-Obfrau Katharina Rimanóczy: „Engagierte Anrainerinnen und Anrainer können ihren Stadtteil klimafit mitgestalten und Veränderungen anregen – mit Gießkannen und Demokratie-Werkzeugen.“

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VCÖ-Stakeholder Café: Sharing in der Stadt

Der Trend zum Sharing gilt als Hoffnung für eine künftig klimaverträgliche und sozial gerechte Mobilität. Insbesondere in Städten gilt es, um die knappe Ressource Platz zu sparen, eine Reduktion der bislang exklusiv privat genutzten Fahrzeuge durch Sharing in Verbindung mit dem Öffentlichem Verkehr und multimodalem Mobilitätsverhalten zu fördern. In welchen Bereichen und mit welchen Maßnahmen kann und soll dabei die Stadtverwaltung die Verbreitung von Sharing in der Mobilität unterstützen? Unter welchen Bedingungen kann Sharing auch am Stadtrand, bei geringerer Bevölkerungsdichte und Nachfrage, funktionieren? Wie lassen sich die verschiedenen Sharing-Angebote strategisch koordinieren und multimodal verbinden? Diese und weitere Fragen diskutierten die rund 50 Gäste des VCÖ-Stakeholder Café, das am 25. November 2019 in der Urania Wien stattfand.

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Die Chance ergreifen

Die Entwicklung geht klar in Richtung emissionsfreier Antriebe. Steigende Reichweiten sprechen dafür, dass sich beim Pkw der batterie-elektrische Antrieb mittelfristig durchsetzen wird. Synthetische Treibstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden könnten, sind für den Masseneinsatz absolute Zukunftsmusik. Unter den etablierten Autoherstellern gab Volvo als Teil eines chinesischen Konzerns als erster bekannt, vollständig auf Elektro-Antriebe umzustellen. Auch Volkswagen ziele „auf den Punkt, an dem sich jeder fragen muss, warum er einen Verbrenner haben will. Denn wir glauben nicht, dass es eine Alternative zur E-Mobilität gibt“, wird ein Vorstandsmitglied von Volkswagen zitiert. Die Pkw-Neuwagenflotte von Mercedes soll bis zum Jahr 2039 CO2-neutral werden. Entwicklungskapazitäten werden aktuell von Motoren und Getrieben hin zu Batterietechnologie und Leistungselektronik verschoben. Das bedeutet einschneidende Veränderungen, auch für Beschäftigte der Automobilbranche. Doch die Entwicklung lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und nur Unternehmen, die sich rechtzeitig umstellen, werden auch in Zukunft noch Arbeitsplätze bieten können. Viele Autozulieferer diversifizieren bereits ihre Produktpalette in Richtung Elektro- Antriebe oder anderer Sektoren, etwa der Autozulieferer Miba, der Bremsen für Windkraftanlagen herstellt. Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte werden Tausende Fachkräfte für Aufbau und Wartung der E-Ladeinfrastruktur gebraucht werden. Geld, das bisher in den Import von Erdöl geflossen ist, kann künftig verstärkt im Inland ausgegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Mobilitätswende unterm Strich für ein Plus an Beschäftigung sorgen wird.

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