Per Nachtzug durch Europa

Vier junge Menschen in einem Nachtzugabteil

Nachtzüge sind eine ökologische und zeitsparende Möglichkeit, Europa zu bereisen. Um das Angebot für Reisende nachhaltig attraktiver und leistbarer zu machen, gibt es noch einige Hindernisse zu überwinden.

von Susanne Wolf

Paris, Gare de l‘Est, 9:39 Uhr. Ankommen mit dem ÖBB-Nightjet aus Wien. Am Bahnhof einen Kaffee trinken, dann die Stadt erkunden. Was jahrelang nicht möglich war, weil die Verbindung Wien - Paris vorübergehend eingestellt worden war, steht nun wieder am Plan vieler Bahnreisenden.

„Ich nutze gerne Nachtzüge, weil es für mich im Gegensatz zum Fliegen richtiges Reisen bedeutet“, sagt die WIFO-Expertin Margit Schratzenstaller-Altzinger. „Ich nähere mich meinem Ziel langsam und komme ausgeruht am nächsten Morgen an – und spare mir eine Nacht im Hotel.“ Das war nicht immer so: In früheren Jahren wurden die Reisenden nachts von Grenzbeamten geweckt oder in den Sechser-Liegewagen-Abteilen von anderen Fahrgästen gestört. „Daher nehme ich am liebsten den Schlafwagen“, ergänzt Schratzenstaller-Altzinger. In den neuen Nightjets der ÖBB gibt es auch Mini-Cabins, die Einzelpersonen oder Paaren besonders viel Privatsphäre bieten.

Direkt in die Stadt

Im neuen dynamischen Preissystem der ÖBB richten sich die Preise noch stärker als bisher nach Nachfrage und Auslastung. Bei hoher Nachfrage steigen die Preise, je früher die Buchung erfolgt, desto günstiger wird es. Nach Protesten aufgrund sehr hoher Preise wurde das System verbessert. Auch die Anzahl an Sparschiene-Tickets, die günstiger, aber nicht stornierbar sind, wurde erhöht. Wenn Fliegen billiger kommt als die Bahnfahrt, dann ist das nicht im Sinne des Klimaschutzes. „Steuervorteile für das Fliegen müssen endlich abgeschafft werden“, ist Margit Schratzenstaller-Altzinger überzeugt. Allerdings täuscht der Vergleich manchmal. So sind die Bahnhöfe in der Stadt, Kosten und Zeitaufwand für die Fahrt von und zum Flughafen entfallen. Das Gepäck verursacht keine Zusatzkosten. Mit Sparschiene und Familienangeboten sinkt der Preis in vielen Fällen beträchtlich. Und nicht zuletzt sind Flüge an starken Reisetagen weit teurer als früh gebuchte Angebote an wenig frequentierten Tagen und zu wenig attraktiven Uhrzeiten.

Europaweit attraktives Bahnnetz

Trotzdem sind Maßnahmen, die den preislichen Wettbewerb fair gestalten, sinnvoll. Das deutsche Bündnis „Bahn für alle“ spricht sich für eine Streichung der Mehrwertsteuer für Zugtickets, Senkung von Trassengebühren sowie öffentliche Unterstützung beim Einkauf von Nachtzugwagen aus, um das Bahnfahren günstiger zu machen. „Wir müssen vom derzeit lückenhaften und oft viel zu teuren Angebot zu einem flächendeckenden, attraktiven und bezahlbaren europaweiten Netz kommen“, sagt Carl Waßmuth vom Bündnis „Bahn für alle“, das sich auch für eine gemeinwohlorientierte Bahn in öffentlichem Eigentum einsetzt. „Die ‚United Railways of Europe‘ sind eine starke Vision für klimaverträgliche Mobilität.“

In der EU gebe es zwar die sogenannten „Transeuropäischen Netze“ (TEN), die den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf neun Korridoren unterstützen sollen. „Der Ausbau der Infrastruktur allein ist jedoch nicht ausreichend, um eine Verlagerung von Auto und Flugzeug hin zur Bahn zu erreichen. Es werden auch Verkehrsangebote benötigt“, so Waßmuth. Deutschland spiele dabei als „Herz Europas“ eine Schlüsselrolle.

Per Nachtzug ans Meer

Die Deutsche Bahn (DB) stellte jedoch im Jahr 2016 den Nachtzugbetrieb ein und hat ihn bis heute nicht wieder aufgenommen – mit Ausnahme der Strecke Berlin - Paris. „Österreich und Frankreich sind in die Bresche gesprungen und haben ihre Verbindungen ausgeweitet“, so Waßmuth.

Heute gibt es Nachtzüge von Wien in viele europäische Metropolen wie Berlin, Rom oder Warschau. Oder nach Brüssel: Im Jänner 2020 bestiegen mehrere EU-Abgeordnete am Wiener Hauptbahnhof den ersten Nightjet zum Sitz des EU-Parlaments. Aber auch ans Meer lässt es sich gut mit der Bahn reisen, etwa in die italienische Hafenstadt La Spezia, und von dort weiter in die malerischen Dörfer der Cinque Terre. Oder ab Mai 2024 nach Split an der dalmatinischen Küste. Für Kulturinteressierte bietet sich beispielsweise der Nightjet nach Florenz an. „Nach einer Nacht im Zug in Italien aufzuwachen hat für mich einen besonderen Reiz“, schwärmt Margit Schratzenstaller-Altzinger.

Zurück zur Übersicht

VCÖ zu Praterstraße Neu: Wichtige Verbesserung, der weitere folgen müssen

VCÖ (Wien, 4. Februar 2022) – Dass auf der Praterstraße und Lasallestraße mehr Platz für Radfahrerinnen und Radfahrer geschaffen wird, sieht die Mobilitätsorganisation VCÖ als wichtige Verbesserung. Auf der Lasallestraße hat der Radverkehr in den vergangenen sieben Jahren um 40 Prozent zugenommen, beim Praterstern sogar um 50 Prozent. Wichtig ist, dass Wien insgesamt rasch ein zeitgemäßes Radverkehrsnetz bekommt, zu schmale Radwege verbreitert sowie Lücken im Radwegenetz rasch geschlossen werden, betont der VCÖ.

Mehr dazu
Foto: Sarah Duit

VCÖ: Radverkehr nimmt in Wien weiter zu – Infrastruktur rasch ausbauen und verbessern

VCÖ (Wien, 26. Jänner 2022) – Immer mehr Wienerinnen und Wiener treten fleißig in die Pedale, wie die heute von der Stadt Wien veröffentlichten Daten zeigen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 wurden um 13 Prozent mehr Radfahrerinnen und Radfahrer gezählt. Die Mobilitätsorganisation VCÖ weist darauf hin, dass angesichts des zunehmenden Bewegungsmangels Radfahren im Alltag eine ideale Möglichkeit ist, um auf eine gesunde Portion regelmäßige Bewegung zu kommen. Wichtig ist, dass die Rad-Infrastruktur rasch ausgebaut und verbessert wird.

Mehr dazu
Foto: Sarah Duit