VCÖ: Fachleute für verstärkte Maßnahmen, um mehr Güter auf die Schiene zu bringen

Fachleute sehen vor allem Bundespolitik und EU gefordert, Maßnahmen zu setzen

Foto (c) VCÖ

VCÖ (Wien, 26. August 2025) - Statt zu steigen, ist der Anteil des Schienengüterverkehrs in der EU und in Österreich in den vergangenen Jahren gesunken. In Österreich betrug er laut aktuellsten Daten der Statistik Austria rund 26 Prozent. Das ist zwar um rund zwei Prozentpunkte höher als der Anteil von Österreichs Lkw, aber beim Straßengüterverkehr kommt noch ein fast doppelt so hoher Anteil durch ausländische Lkw dazu. Der VCÖ hat nun zur Zukunft des Schienengüterverkehrs insgesamt 259 Fachleute aus 177 Organisationen befragt. Einigkeit herrscht bei den Fachleuten darin, dass eine Stärkung des Schienengüterverkehrs notwendig ist und, dass in erster Linie die Bundespolitik dafür zuständig ist. Chancen sehen die Fachleute in der Digitalisierung und Automatisierung, Risiken in Zöllen, dem Rückzug klimapolitischer Maßnahmen und dem Abweichen vom Green Deal der EU.

Laut aktuellsten Daten der Statistik Austria beträgt der Anteil der Schiene an der Transportleistung in Österreich 26,4 Prozent. Das ist zwar höher als die Transportleistung von Österreichs Lkw, die bei 24,5 Prozent liegt, aber beim Straßengüterverkehr kommt noch ein fast doppelt so hoher Anteil durch ausländische Lkw dazu, die einen Anteil von bereits 47,6 Prozent haben, macht der VCÖ aufmerksam. Deutlich kleiner ist der Anteil der Donauschifffahrt am Gütertransport in Österreich mit 1,6 Prozent. In der EU hatte die Schiene zuletzt einen Anteil von 17 Prozent, der Lkw-Anteil betrug 78 Prozent und jener der Binnenschifffahrt fünf Prozent.

„Mehr Gütertransporte auf der Schiene sind ein zentraler Hebel, um die Lkw-Belastung auf den Straßen zu reduzieren und um die vom Güterverkehr verursachten Treibhausgase zu verringern. Doch statt zu steigen, ist der Anteil des Schienengüterverkehrs in den vergangenen Jahrzehnten in der EU und in Österreich gesunken“, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest. Der Lkw-Verkehr verursacht in Österreich rund 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs.

In einer umfassenden Befragung hat der VCÖ 259 Fachleute aus 177 Organisationen unter anderem zu den Gründen für den sinkenden Anteil der Schiene am Güterverkehr in der EU und in Österreich befragt. Mehrfachantworten waren möglich. Am häufigsten – nämlich von 75 Prozent der Fachleute – wurde die fehlende Kostenwahrheit im Straßengüterverkehr als sehr ausschlaggebender Grund genannt. 59 Prozent sehen die fehlende Flexibilität und lange Transportzeiten im Vergleich zur Straße als sehr ausschlaggebend, 47 Prozent eine fehlgeleitete Raumordnungspolitik und 44 Prozent unzureichende Infrastrukturkapazitäten. Jeweils rund ein Drittel der Fachleute nennt als ausschlaggebenden Grund für den Rückgang beim Schienengüterverkehr zu wenige Lkw-Kontrollen, fehlende Interoperabilität bei grenzüberschreitenden Transporten auf der Schiene, fehlende internationale Koordination der Trassenvergabe, fehlender Zugang von Industrieunternehmen zum Schienennetz und unzureichende Verfügbarkeit von Terminals und Umschlagplätzen.

Einen Anteil der Schiene am Güterverkehr von mindestens 34 Prozent im Jahr 2030 halten 77 Prozent der Fachleute für unrealistisch. 93 Prozent der befragten Fachleute halten zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung des Schienengüterverkehrs für notwendig. Der VCÖ hat die Fachleute auch befragt, warum diese Stärkung notwendig wäre. Am häufigsten – nämlich von 80 Prozent der Fachpersonen – wurde Klimaschutz und die Reduktion der CO2-Emissionen als sehr wichtiger Grund für die Stärkung des Schienengüterverkehrs genannt, 74 Prozent nannten die Reduktion der Schadstoff- und Lärmbelastung als sehr wichtigen Grund, 65 Prozent die Reduktion des Erdölverbrauchs und 61 Prozent die Entlastung der Straßen.

Die Fachleute wurden auch befragt, welche Maßnahmen am wirksamsten wären, um den Anteil des Schienengüterverkehrs zu erhöhen. Als Maßnahme mit sehr großem Potenzial wurde am häufigsten – von 69 Prozent – die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel genannt, knapp vor einem höheren CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut (67 Prozent) und einer Lkw-Maut auch abseits von Autobahnen und Schnellstraßen von 61 Prozent, wie zuletzt auch von Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil vorgeschlagen. 57 Prozent sehen beim Ausbau der Umschlagekapazitäten sehr großes Potenzial, 55 Prozent beim Ausbau der Schieneninfrastruktur, 53 Prozent, dass bei Neuansiedelungen von Industrieunternehmen auf einen Bahnanschluss geachtet wird und 52 Prozent sehen bei Verpflichtungen bestimmte Güter auf der Schiene zu transportieren sehr großes Potenzial. Das geringste Potenzial wird bei der Modernisierung der Wagenflotte und bei der Reduktion des Schieneninfrastruktur-Benützungsentgelts gesehen.

Der VCÖ hat die Fachleute auch gefragt, wen Sie in der Verantwortung sehen, Maßnahmen umzusetzen. 85 Prozent sehen bei der Bundesebene eine sehr hohe Verantwortung, 68 Prozent bei der EU, 45 Prozent bei den Infrastrukturbetreiber und 38 Prozent bei den Bundesländern.

Bei der offenen Frage nach künftigen Entwicklungen, die für den Schienengüterverkehr eine Chance sind, wurde Technologie, insbesondere Digitalisierung und Automatisierung, am häufigsten genannt. Auch Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere der Ausbau des kombinierten Verkehrs, zusätzliche Terminals, Linienzugsysteme und mehr Anschlussgleise wurden häufig als Chance genannt. Als künftige Risiken sehen die Fachleute vermehrte Zölle, den Rückzug klimapolitischer Maßnahmen und das Abweichen vom Green Deal der EU.  

Daten zur VCÖ-Fachpersonenbefragung: Die Umfrage wurde online im Juni  und Juli 2025 durchgeführt. Teilgenommen haben 259 Fachleute aus 177 Organisationen aus den Bereichen Forschung, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Eingeladen wurden Personen, die im Bereich Verkehr tätig sind bzw. sich mit Verkehrsfragen beschäftigen, aus Forschung und Wissenschaft (zB AustriaTech, FH St. Pölten, TU  Wien, WU Wien, WIFO usw), Verwaltung (Bund, Länder, Städte, Gemeinden), Interessensvertretungen  (zB Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Initiative Wirtschaftsstandort OÖ), Unternehmen (zB  Mondi, Welser Profile, Hafen Wien, Haberkorn), Zivilgesellschaft (zB Global 2000, Klimabündnis). Auch internationale Fachleute wurden befragt, etwa vom Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prognos AG, TU Berlin.

Der "VCÖ - Mobilität mit Zukunft" ist eine auf Mobilität und Transport spezialisierte, gemeinwohlorientierte Organisation. Ziel des VCÖ ist ein ökologisch verträgliches, ökonomisch effizientes und sozial gerechtes Verkehrssystem. Die Sichtweise des VCÖ ist global orientiert, themenübergreifend und berücksichtigt die Interessen zukünftiger Generationen.

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