VCÖ: Jeder 3. Verkehrstote im Vorjahr war älter als 65 Jahre, bei Fußgängern sogar zwei Drittel

VCÖ-Fachkonferenz: Verkehrssystem muss viel stärker an den demographischen Wandel angepasst werden!

VCÖ (Wien, 6. November 2025) – Jeder dritte Verkehrstote im Vorjahr war 65 Jahre oder älter, bei den tödlich verletzten Fußgängerinnen und Fußgängern betrug der Anteil der Seniorinnen und Senioren sogar 65 Prozent, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Dabei ist Gehen, aber auch Radfahren als gesunde Mobilität für ältere Menschen besonders wichtig. Das Verkehrssystem muss viel stärker an den demographischen Wandel angepasst werden, wurde bei der heutigen online durchgeführten VCÖ-Fachveranstaltung betont.

Österreichs Bevölkerung wird älter. In den kommenden 20 Jahren wird sich die Zahl der über 85-Jährigen auf rund 465.000 verdoppeln, die Zahl der Generation 65 plus um mehr als 800.000 auf 2,65 Millionen ansteigen, weist der VCÖ auf Daten der Statistik Austria hin. „In der Verkehrsplanung wird auf ältere Menschen zu wenig Rücksicht genommen. Und das spiegelt sich leider auch in der Unfallstatistik wider. Ältere Menschen sind besonders gefährdet, tödlich verletzt zu werden. Umso wichtiger sind unfallvermeidende Maßnahmen“, stellte VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest.

Während die Seniorinnen und Senioren an den bei Verkehrsunfällen Verletzten im Vorjahr einen Anteil von rund 15 Prozent hatten, ist ihr Anteil an den Verkehrstoten mit 33 Prozent doppelt so hoch. Mit 49 weisen Pkw-Insassen die höchste Anzahl an älteren Verkehrstoten auf, am zweithöchsten ist die Anzahl älterer Verkehrstoten bei Fußgängerinnen und Fußgängern mit 31, wie die VCÖ-Analyse zeigt. „Zwei Drittel der im Vorjahr tödlich verletzten Fußgängerinnen und Fußgänger waren älter als 65 Jahre. Durch Verkehrsberuhigung, mehr Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet, übersichtliche Straßenübergänge und ein dichtes Netz an breiten Gehwegen kann die Verkehrssicherheit älterer Menschen deutlich erhöht werden“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Während insgesamt in der Generation 65 plus doppelt so viele Männer wie Frauen bei Verkehrsunfällen ums Leben kamen, wurden beim zu Fuß gehen zweieinhalb mal so viele Frauen wie Männer bei Verkehrsunfällen tödlich verletzt, macht der VCÖ aufmerksam. Sechs Seniorinnen und Senioren verunglückten mit dem Fahrrad tödlich, elf mit dem E-Bike. Alle mit dem E-Bike tödlich verunglückten Senioren waren Männer. Für die Verkehrssicherheit älterer Radfahrerinnen und Radfahrer sind baulich getrennte Radwege besonders wirksam.

Wie wichtig bewegungsaktive Mobilität für die Gesundheit von Seniorinnen und Senioren ist, betonte die Wissenschaftlerin Sylvia Titze von der Universität Graz in ihrem Vortrag. Die Anzahl der gesunden Lebensjahre ist in Österreich zuletzt gesunken. Bei den Männern von rund 66 Jahren im Jahr 2014 auf 63 Jahre im Jahr 2019, bei den Frauen im gleichen Zeitraum von rund 67 auf rund 65 Jahre. Bei den über 60-Jährigen haben 85 Prozent zwei bis drei chronische Erkrankungen gleichzeitig, wie etwa Bluthochdruck, chronische Kreuzschmerzen oder Arthrose. Möglichst häufig zu Fuß oder mit dem Fahrrad mobil zu sein statt im Auto zu sitzen stärkt die Gesundheit. Titze: „Mit aktiver Mobilität pflegt man die körperliche Fitness und bleibt zudem in Kontakt mit der Natur und den Menschen."

Brigitte Wotha von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kiel machte in ihrem Vortrag auf die zentrale Rolle der Raumordnung für die Mobilität älterer Menschen aufmerksam. Die Stärkung der Ortskerne statt Zersiedelung ermöglicht es älteren Menschen länger selbständig mobil zu sein, weil sie viele Erledigungen zu Fuß oder mit dem Rad machen können. „Die Mobilitätsplanung muss verstärkt die Bedürfnisse älterer Menschen und insbesondere älterer Frauen berücksichtigen, um ihnen die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen."

Im hohen Alter steigt beim Autolenken aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen das Risiko, Unfälle zu verursachen. Im Vorjahr verursachten in Österreich über 85-jährige Pkw-Lenkende 83 Prozent der Unfälle, an denen sie beteiligt waren und die 80- bis 84-Jährigen 77 Prozent der Unfälle, wie Daten der Statistik Austria zeigen. Auch bei den 75- bis 79-jährigen Autolenkenden ist der Anteil der Unfallverursacher mit 67 Prozent überdurchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Die 40- bis 59-jährigen Autolenkenden verursachten rund 50 Prozent der Unfälle, an denen sie beteiligt waren. In Deutschland führen einige Verkehrsverbünde die Aktion „Fahrschein statt Führerschein“ durch, bei der der Führerschein ein Jahr lang gegen ein Jahresticket für den Öffentlichen Verkehr eingetauscht werden kann. Im Großraum Hannover nahmen im dreieinhalb jährigen Projektzeitraum 8.300 Personen am Projekt teil, 92 Prozent davon waren älter als 70 Jahre. Acht von zehn hatten vorher keine Jahreskarte, die Hälfte davon verlängerte ihre Jahreskarte, berichtete Ulf Mattern vom Großraum-Verkehr Hannover. „Dieses Modell könnte Österreich mit dem Klimaticket leicht umsetzen. Damit würde die Verkehrssicherheit erhöht und gleichzeitig die Verkehrsbelastung auf den Straßen reduziert“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky.

In den Niederlanden fördert das Infrastrukturministerium mit der Initiative „Doortrappen“ ("Weitertreten") das Radfahren bei Seniorinnen und Senioren. Ziel ist, dass ältere Menschen möglichst lange sicher Radfahren können, denn: „Radfahren sorgt dafür, dass Senioren länger gesund, sozial und selbständig bleiben“, erklärte Juul van Rijn vom niederländischen Infrastrukturministerium. Ein entscheidender Faktor ist ein dichtes Netz an sicheren Radwegen. Zudem sind in den Niederlanden Fahrräder, die mit drei Rädern Stabilität geben und damit Stürze vermeiden, weit verbreitet.

Link zur Veranstaltung  https://vcoe.at/vcoe-veranstaltungen

VCÖ: Pkw-Insassen und Fußgängerinnen und Fußgänger die häufigsten Opfer
(im Straßenverkehr tödlich verunglückte Seniorinnen und Senioren im Jahr 2024 in Österreich, in Klammer Männer / Frauen)

Pkw-Insassen: 49 (33 Männer /16 Frauen)

Fußgängerinnen und Fußgänger: 31 (9 Männer / 22 Frauen)

Motorrad und Moped: 16 (16 Männer / 0 Frauen)

E-Bike: 11 (11 Männer / 0 Frauen)

Fahrrad: 6 (4 Männer / 2 Frauen)

Scooter: 3 (3 Männer / 0 Frauen)

Sonstige: 4 (3 Männer / 1 Frau)

Gesamt: 120 (79 Männer / 41 Frauen)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2025

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VCÖ: Kinder und ältere Menschen sind Spitzenreiter beim zu Fuß gehen

VCÖ (Wien, 15. Februar 2024) – Gehen ist die gesündeste, umweltfreundlichste und kostengünstigste Form der Mobilität, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Im Land Salzburg wird jeder 5. Alltagsweg zu Fuß zurückgelegt. Am höchsten ist der Anteil der zu Fuß gegangenen Wege bei Kindern sowie Seniorinnen und Senioren, macht der VCÖ aufmerksam. Regional betrachtet wird in der Landeshauptstadt Salzburg mehr gegangen als in den Bezirken, wo wiederum Pongau der Spitzenreiter ist. Gemeinden und Städte können durch ihre Verkehrs- und Ortsplanung es der Bevölkerung erleichtern, Alltagswege zu Fuß zurückzulegen, stellt der VCÖ fest.

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Foto: Sarah Duit

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Die von der Bundesregierung geplante Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen, damit Gemeinden und Städte leichter Tempo 30 umsetzen und damit die Verkehrssicherheit für die Bevölkerung erhöhen können.

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