VCÖ: Selbstfahrende Busse haben das Potenzial, das Angebot für die Fahrgäste zu verbessern

VCÖ: Aber gesetzliche Rahmenbedingungen nötig, damit es zu keinen Verschlechterungen kommt

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VCÖ (Wien, 22. Juli 2025) – Selbstfahrende Fahrzeuge sind auf den Straßen angekommen. In dutzenden Städten Europas werden autonome Busse im Linienbetrieb getestet. Diese Technologien können etwa im ländlichen Raum oder Stadtumland das öffentliche Mobilitätsangebot verbessern, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Zentral dabei ist, dass diese Angebote Teil des Öffentlichen Verkehrs sind. Zudem braucht es rasch gesetzliche Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass im Interesse der Bevölkerung die Automatisierung das öffentliche Mobilitätsangebot nachhaltig verbessert und nicht verschlechtert.

Vollautomatisierte Fahrzeuge sind auch in Europa immer häufiger im Einsatz. In Deutschland gibt es mehr als zehn Testprojekte mit selbstfahrenden Bussen oder Shuttles. Die Hamburger Verkehrsbetriebe gehen davon aus, dass vollautomatisierte Shuttlebusse ab dem Jahr 2028 in den Regelbetrieb gehen, Busse mit 70 Fahrgästen ab dem Jahr 2032. In der Schweiz werden aktuell selbstfahrende Busse in zehn Pilotprojekten betrieben. Auch in Österreich werden vollautomatisierte Fahrzeuge bereits im Alltagsverkehr getestet, beispielsweise in Graz, Linz, Pörtschach und Klagenfurt.

„In Stavanger, Norwegen, fährt seit dem Jahr 2022 erstmals in Europa ein selbstfahrender Bus im herkömmlichen Linienbetrieb. Der Elektro-Bus mit Platz für 50 Fahrgäste fährt durch das Stadtzentrum und durch einen Tunnel“, schildert VCÖ-Experte Sebatian Raho. Auf einer vier Kilometer langen vorprogrammierten Strecke fährt er als regulärer Teil des Straßenverkehrs und wechselt bei Hindernissen selbständig die Fahrspur. Das Fahrzeug erreicht 50 km/h, fährt bei jedem Wetter und bleibt selbstständig bei Stationen für Fahrgäste stehen, um sie ein- und aussteigen zu lassen. Der derzeit vorgeschriebene Lenkpersonal müsste laut Betreiber ab dem Jahr 2026 nicht mehr anwesend sein.

Vollautomatisierte Buslinien oder nachfragebasierte Shuttles haben das Potenzial, das öffentliche Mobilitätsangebot sowohl in den Regionen als auch in Ballungsräumen zu verbessern, stellt der VCÖ fest. Selbstfahrende Shuttles zu Bahnhöfen oder Linienbus-Haltestellen können Autofahrten ersetzen und damit Staus reduzieren. Dafür ist es wichtig, dass die vollautomatisierten Busse und Shuttles in die herkömmlichen öffentlichen Verkehrs- und Routingsysteme integriert werden und bestehende Angebote ergänzen und nicht ersetzen. „Selbstfahrende Busse sollten gezielt in schwer erschließbaren Räumen, sowie zu Tagesrandzeiten und an Wochenenden und Feiertagen eingesetzt werden, um Versorgungslücken zu schließen“, stellt VCÖ-Experte Sebastian Raho fest.

Damit selbstfahrende Busse ihr volles Potenzial entfalten, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen und Verbesserungen, die auch den Fahrgästen in herkömmlichen Buslinien nützen, wie eigene Busspuren bei den Stadteinfahrten und in den Ballungsräumen auf Autobahnen sowie eine Bevorrangung bei Ampeln.

Die automatisierte Zukunft birgt aber auch Risiken, wie unter anderem eine Studie der ETH-Zürich zeigt. Dann nämlich, wenn wegen fehlender oder schlechter gesetzlichen Rahmenbedingungen global agierende Firmen regionale Monopolstellungen mit sogenannten „Robotaxis“, also vollautomatischen Pkw-Fahrzeugflotten, aufbauen und die öffentlichen Verkehrsangebote verdrängen. Deshalb braucht es rasch gesetzliche Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass im Interesse der Bevölkerung die Automatisierung das öffentliche Mobilitätsangebot nachhaltig verbessert und nicht verschlechtert. Weitere Schattenseite von vollautomatisierten Fahrzeugen: Sie werden durch energieintensive künstliche Intelligenzen gesteuert, der Energiebedarf wird dadurch deutlich erhöht.

In Österreich wird das Thema in der zuletzt Ende 2024 novellierten „Automatisiertes Fahren Verordnung“ geregelt. Generell gilt, dass ein Mensch hinter dem Lenkrad sitzen und jederzeit eingreifen können muss. „Der aktuelle Rechtsrahmen sollte anpasst werden, um Verkehrsbetrieben den kommerziellen Betrieb mit autonomen Busse zu ermöglichen, damit diese in den regulären Öffentlichen Verkehr integriert werden können“, betont VCÖ-Experte Sebastian Raho.  Auch EU-weit einheitlichere Regelungen wären wichtig. Derzeit können vollautomatisierte Busse aufgrund unterschiedlicher Regelungen nur in Kleinserien produziert werden. Das hemmt die Produktion der Busse in Europa und verzögert die Skalierung vom Testbetrieb zu betrieblich anwendbaren Produkten.

VCÖ-Factsheet: Automatisierung in der Mobilität - Chancen und Risiken

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Pendeln und die Bahn: Eine Beziehung mit Potenzial für mehr

Auch im Jahr 2022 hat der VCÖ mit dem VCÖ-Bahntest die größte unabhängige Fahrgastbefragung in den Zügen Österreichs durchgeführt. Teilgenommen haben knapp 9.400 Fahrgäste, befragt wurde im Zeitraum Mai bis Juni 2022 in zehn verschiedenen Bahnunternehmen. Mit 22 Prozent die größte Gruppe der befragten Bahnfahrgäste war zur Arbeit oder von dort wieder nach Hause unterwegs. Anlässlich der gestiegenen Treibstoffpreise bieten die Ergebnisse des VCÖ-Bahntests die Gelegenheit, mehr über die Beziehung zwischen Pendlerinnen und Pendlern und der Bahn herauszufinden – und sich der Frage anzunähern: Geht da noch mehr?

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VCÖ-Bahntest: Drei von zehn Fahrgästen wünschen mehr Pünktlichkeit bei den Bahnen

VCÖ (Wien, 24. August 2022) - Heuer waren teilweise bereits mehr Fahrgäste mit den Bahnen unterwegs als vor Covid-19. Ein Seiteneffekt: Die Fahrgäste nehmen die Bahnen teilweise weniger pünktlich wahr, wie der diesjährige VCÖ-Bahntest zeigt. Drei von zehn Fahrgästen wünschen zudem mehr Verbindungen auf Regionalbahnen, jeder 3. Fahrgast möchte eine bessere Abstimmung mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Sieben von zehn Fahrgästen mit Jahreskarte fahren nun häufiger mit der Bahn als früher. Ein Drittel der Fahrgäste spricht sich für eine Erweiterung des Klimatickets aus, etwa um Rabatte für  Sharing-Angebote und Anrufsammeltaxis.

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Foto: Sarah Duit