VCÖ: Straßen in Städten müssen rascher an Erderhitzung angepasst werden

VCÖ-Initiative gestartet: Hitze-Hotspots in Online-Karte eintragen und sichtbar machen

VCÖ (Wien, 28. Juni 2022) – Österreichs Städte müssen Straßen und den öffentlichen Raum rascher und stärker an die Erderhitzung anpassen, betont die Mobilitätsorganisation VCÖ. Städtische Straßen ohne Bäume und Grünflächen heizen sich tagsüber massiv auf, kühlen auch in der Nacht nur gering ab. Die Hitzewelle ist für viele Menschen eine ernste Gesundheitsgefahr. Die Zahl der Hitzetoten ist in Jahren mit heißen Sommern höher als die Zahl der Verkehrstoten, verdeutlicht der VCÖ. Um sichtbar zu machen, wo es Hitze-Hotspots gibt, können jetzt Bürgerinnen und Bürger auf der VCÖ-Website in einer Online-Karte Straßen und Plätze eintragen, wo es zu einem regelrechten Hitze-Stau kommt.

Die Hitzewelle hält weiter an. Für viele Menschen ist die Hitze eine ernste Gesundheitsgefahr. Laut Rettungsorganisationen gibt es an Hitzetagen um bis zu 20 Prozent mehr Einsätze. Im Zeitraum 2003 bis 2012 waren laut AGES im Schnitt 240 Todesfälle pro Jahr auf Hitze zurückzuführen. Im Zeitraum 2013 bis 2020 waren bereits durchschnittlich 409 Hitzetote pro Jahr zu beklagen, macht die Mobilitätsorganisation VCÖ aufmerksam.

Laut aktuellster Mikrozensus-Erhebung der Statistik Austria, gaben im Zeitraum 2019/2020 bereits 2,7 Millionen Personen ab 16 Jahren an, während einer Hitzeperiode körperlich sehr stark beziehungsweise stark belastet zu sein. Im Bundesländer-Vergleich ist der Anteil, der unter der Hitze leidenden Bevölkerung in Ostösterreich am höchsten mit 41 Prozent in Wien, 40 Prozent in Niederösterreich und 39 Prozent im Burgenland und am niedrigsten in Salzburg und Tirol mit jeweils 32 Prozent.

Die Erderhitzung führt zu einem starken Anstieg von Hitzetagen, das sind Tage mit Temperaturen von 30 Grad oder mehr. In Wien gab es zwischen 1981 und 2010 im Schnitt 15 Hitzetage pro Jahr, im Zeitraum 2011 bis 2021 waren es mit durchschnittlich 28 fast doppelt so viele. In Linz und Graz hat sich die Zahl der Hitzetage von jeweils zehn auf jeweils 22 pro Jahr verdoppelt, weist der VCÖ auf Daten der ZAMG hin. Noch stärker hat die Zahl der Tropennächte zugenommen: In Wien von durchschnittlich drei pro Jahr im Zeitraum 1981 bis 2010 auf jährlich neun zwischen 2011 und 2021, in Graz von 0,6 auf 5,7 und in Linz von 0,2 auf fünf.

Asphalt heizt sich durch Sonnenstrahlung auf über 60 Grad auf. Wenn Gehsteige in der prallen Sonne liegen, bedeutet das, dass gesundheitlich beeinträchtigte Menschen und viele ältere Menschen hier nicht mehr gehen können und damit in ihrer Mobilität massiv eingeschränkt sind. In Straßen, wo es ausreichend Bäume gibt, liegen Gehsteige im Schatten. Zudem kühlt es dort auch in der Nacht ab.

Dort, wo es im Straßenraum lediglich Asphalt und parkende Autos gibt, bleibt es aber auch in der Nacht zu warm. „Parkende Autos heizen sich nicht nur innen massiv auf, sondern auch außen, unterhalb der abgestellten Autos bildet sich ein Wärmepolster. In der Nacht wird diese Wärme an die Umgebung abgegeben, es kühlt dadurch zu wenig ab“, erklärt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer. Laut Statistik Austria ist in Österreich in der Nacht bereits jede fünfte Person durch die Hitze körperlich beeinträchtigt, in Wien sogar jede vierte Person, berichtet der VCÖ.

„Die Hitzetage nehmen in allen Städten zu. Hitzeperioden, wie wir sie derzeit erleben, werden künftig stark ansteigen. Aber viele Straßen in den Städten und Gemeinden schauen nach wie vor so aus, als würde es die Klimakrise nicht geben. Es ist allerhöchste Zeit, dass der öffentliche Straßenraum an die Erderhitzung angepasst wird“, betont VCÖ-Expertin Mosshammer.

Der Grünflächenanteil im Straßenraum ist stark zu erhöhen, fordert der VCÖ. Wenn im Straßenraum parkenden Autos mehr Platz gegeben wird als kühlenden Grünflächen und Bäumen, dann ist das in Zeiten der Klimakrise eine Gesundheitsgefahr für die Menschen. Während parkende Autos die Umgebung aufheizen, kühlen Grünflächen sie ab. Zudem können sie Regenwasser speichern und sorgen durch die Verdunstung zusätzlich für Abkühlung.

Der VCÖ möchte nun gemeinsam mit der Bevölkerung aufzeigen, in welchen Straßen die Hitzebelastung zu groß ist. In einer Online-Karte auf map.vcoe.at/hitze können bis Mitte September Hitze-Hotspots eingetragen werden. Der VCÖ sammelt die Einträge und leitet sie dann an die zuständigen Städte, Bezirke und Gemeinden weiter. Gesucht sind aber auch Positiv-Beispiele, wo mit Begrünungsmaßnahmen die Hitzebelastung in Straßen reduziert wurde.

VCÖ-Hitze-Hotspots-Karte: map.vcoe.at/hitze

VCÖ: In Ostösterreich ist größerer Teil von Hitze körperlich belastet (Anteil Personen ab 16 Jahren, die bei Hitzeperioden stark oder sehr stark körperlich belastet ist)

Wien: 41 Prozent

Niederösterreich: 40 Prozent

Burgenland: 39 Prozent

Steiermark: 35 Prozent

Kärnten: 35 Prozent

Vorarlberg: 35 Prozent

Oberösterreich: 33 Prozent

Tirol: 32 Prozent

Salzburg: 32 Prozent

Österreich: 36 Prozent

Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2022

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