VCÖ: StVO-Novelle lediglich ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen

VCÖ: Österreich hinkt bei rechtlichen Regelungen für das Radfahren im europäischen Vergleich hinterher

VCÖ (Wien, 15. Juni 2022) – Die heute im Ministerrat beschlossene StVO-Novelle bringt Verbesserungen für den Radverkehr, aber nicht im nötigen Ausmaß, stellt der VCÖ fest. Positiv ist, dass der Mindestabstand beim Überholen von Radfahrenden festgeschrieben wird, bei Kreuzungen mit Grünpfeil das Rechtsabbiegen bei Rot möglich wird und dass bei Ampelschaltungen endlich auch auf Fußgängerinnen und Fußgänger Rücksicht genommen wird. Dass die Umsetzung der für die Verkehrssicherheit von Kindern so wichtige Ausweitung des Halte- und Parkverbots vor Schutzwegen verhindert wurde, ist für die Mobilitätsorganisation VCÖ unverständlich.

„Ein Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen“, kommentiert VCÖ-Experte Michael Schwendinger die heute im  Ministerrat beschlossene StVO-Novelle. Nicht nachvollziehbar ist für den VCÖ, dass die Ausweitung des Halte- und Parkverbots vor Schutzwegen von fünf auf acht Metern verhindert wurde. „Für die Sicherheit von Kindern wäre diese Ausweitung extrem wichtig gewesen. Da die Zahl hoher SUV und durch den Online-Handel von Lieferwagen stark zugenommen hat, wird Autofahrern immer wieder die Sicht auf Kinder verstellt, die einen Schutzweg überqueren möchten. Dadurch kommt es zu gefährlichen Situationen“, hofft  VCÖ-Experte Schwendinger im Interesse der Sicherheit von Kindern auf ein Ende der Blockade.

Wichtig sind aus Sicht des VCÖ auch die Verbesserungen für Fußgängerinnen und Fußgänger, etwa  bei Ampelschaltungen. Derzeit sind zahlreiche Ampeln so geschaltet, dass die Grünphasen für ältere Menschen zu kurz sind, während Rotphasen sehr lange sind. Dabei ist zu Fuß gehen die klimafreundlichste, gesündeste und sozialste Form der Mobilität. „Die Städte sind nun gefordert, die Rücksichtslosigkeit gegenüber älteren Menschen bei Ampeln rasch zu beenden und die Grünphasen bei Fußgängerampeln zu verlängern“, betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Das Fahrrad wurde als Verkehrsmittel in Österreich jahrzehntelang vernachlässigt, entsprechend groß ist der Aufholbedarf sowohl bei der Rad-Infrastruktur als auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Klimaziele sind nur mit mehr Radverkehr zu erreichen, wie sowohl die Bundesregierung, als auch alle Bundesländer in ihren Mobilitätsplänen festgeschrieben haben. Mehr Radverkehr braucht sowohl bessere Infrastruktur als auch verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen.  Der VCÖ begrüßt daher den klar definierten Mindestabstand für Kraftfahrzeuge beim Überholen von Radfahrenden, die Möglichkeit neben einem Kind Radzufahren und den Grünpfeil für das Rechtsabbiegen bei Rot. Diese Regelung funktioniert in vielen Staaten bereits sehr gut, wie beispielsweise in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich, Belgien, Dänemark und bereits seit dem Jahr 1990 in den Niederlanden. Rund 4,8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, nutzen das Fahrrad zumindest gelegentlich als Verkehrsmittel, davon 2,3 Millionen häufig, weist der VCÖ auf Daten der Statistik Austria hin.

Ein weiteres häufiges Hindernis für Fußgängerinnen und Fußgänger sind parkende Autos, die teilweise in den Gehsteig hineinragen. Das führt dazu, dass Personen, die mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs sind, behindert werden oder sogar auf die Fahrbahn für den Kfz-Verkehr ausweichen müssen, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Nun wird in der StVO klar festgeschrieben, dass ein Hineinragen von parkendenden Autos in Gehsteige und auch Radwege verboten ist.

Weiterer Wermutstropfen ist, dass die Vereinfachung für Städte und Gemeinden Einbahnen für den  Radverkehr zu öffnen verhindert wurde. Damit muss Österreich weiter auf eine Regelung warten, die es unter anderem auch in Belgien sind und in der Schweiz bereits gibt.

Um die Verkehrssicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer im Ortsgebiet zu erhöhen, sollte in der nächsten StVO-Novelle die Standardgeschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 auf 30 gesenkt werden. So wie es in Graz seit 30 Jahren der Fall ist, soll ein höheres Tempo nur dort erlaubt sein, wo es aus Sicht der Verkehrssicherheit zulässig ist.

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Tempo 30 in der Stadt rettet Leben

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Foto: Spencer Imbrock, unsplash

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