VCÖ warnt vor negativen Folgen einer Helmpflicht für Elektrofahrräder und E-Scooter

Bewusstseinskampagne fürs Helmtragen und Ausbau der Rad-Infrastruktur wirksamer

VCÖ (Wien, 21. August 2025) – Die Mobilitätsorganisation VCÖ warnt vor den negativen Auswirkungen einer Helmpflicht fürs Fahren mit Elektrofahrrädern und E-Scootern. Damit würden Unfallopfer automatisch Teilschuld bei Unfällen bekommen, sobald sie keinen Helm tragen, sogar dann, wenn sie von einem  Raser oder Alkolenker niedergefahren werden. Eine Helmpflicht würde zudem das Ende von E-Bike- und E-Scooter-Sharing bedeuten und damit das Mobilitätsangebot für die Bevölkerung verringern. Vor allem aber gibt es deutlich wirksamere Maßnahmen, um die Sicherheit für das Fahren mit Elektrofahrrädern und mit E-Scootern zu erhöhen, betont der VCÖ. Neben einer Bewusstseinskampagne für das Helmtragen, ist vor allem die Infrastruktur für den Radverkehr rasch und deutlich zu verbessern.

Elektrofahrräder sind das am häufigsten gekaufte Elektrofahrzeug in Österreich. Im Vorjahr wurden in Österreich 226.000 Elektrofahrräder verkauft, das waren 57 Prozent aller verkauften Fahrräder. Allein in den vergangenen fünf Jahren wurden in Österreich 1,12 Millionen Elektrofahrräder gekauft. „Der Elektromotor verlängert die Reichweite des Fahrrads, ermöglicht es mehr Pendlerinnen und Pendlern auch bei Arbeitswegen von 15 Kilometern oder mehr mit dem Fahrrad zu fahren. In den vergangenen Jahren haben viele Pendlerinnen und Pendler ein gefördertes Jobrad genommen und leisten damit einen Beitrag zur Reduktion von Staus und anderen Verkehrsproblemen. Ältere Menschen wiederum können dank des Elektrofahrrads länger mit dem Fahrrad mobil sein, auch weitere oder hügelige Strecken zurücklegen“, weist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf die Vorteile von Elektrofahrrädern hin. Obwohl nicht im Regierungsprogramm enthalten, steht nun eine Helmpflicht für E-Bikes und E-Scooter zur Diskussion. In keinem Land Europas gibt es eine spezielle Helmpflicht für Elektrofahrräder.

So sehr das Tragen eines Helms zu empfehlen ist, eine Helmpflicht führt zu juristischen und versicherungstechnischen Risiken. Ein vergessener Radhelm würde zum finanziellen Risiko, während Versicherungen durch ein Abwälzen von Schmerzensgeldansprüchen auf die Unfallopfer profitieren würden. „Auch wenn man mit dem Fahrrad niemanden gefährdet und völlig unverschuldet angefahren wird, bliebe man auf einem Teil der entstandenen Kosten sitzen“, weist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf eine Folge der Helmpflicht hin. Mit einer Bewusstseinskampagne kann die Helmtragequote erhöht werden, ohne dass Unfallopfer zusätzlich einen finanziellen Schaden erleiden, betont der VCÖ.

Im Vorjahr kamen im Straßenverkehr laut Statistik Austria 20 Personen mit Elektrofahrrad ums Leben, jeder zweite erlitt trotz Radhelms tödliche Verletzungen. In vielen Unfallsituationen hängt die Verletzungsschwere vom Unfallgegner ab: Von dessen Geschwindigkeit, von Größe und Gewicht des Kraftfahrzeugs, etwa ob es ein Kleinwagen oder ein Lkw ist. Wie sehr ein Helm vor Verletzungen schützt, hängt auch davon ab, ob er richtig getragen wird. Ein falsch getragener Helm gibt vielleicht das trügerische Gefühl gut geschützt zu sein, aber im Fall eines Unfalls ist der Schutz gering.

„Das Wesentliche ist, dass es deutlich wirksamere Maßnahmen für mehr Sicherheit für E-Bike-Fahrende gibt als eine Helmpflicht. Maßnahmen, die zudem keine negativen Folgewirkungen haben", betont VCÖ-Experte Michael Schwendinger. Die wichtigste Maßnahme ist eine gute Rad-Infrastruktur. Im Vorjahr passierte kein einziger tödlicher E-Bike Unfall auf einem Radweg oder einer anderen Radverkehrsanlage. Alle Unfälle ereigneten sich auf Straßen mit Kfz-Verkehr. Ein zweiter wichtiger Faktor ist die Geschwindigkeit. Sieben der neun tödlichen E-Bike-Unfälle auf Freilandstraßen passierten auf Abschnitten, wo Tempolimit 100 für den Kfz-Verkehr erlaubt waren. Und sieben der elf tödlichen E-Bike-Unfälle im Ortsgebiet passierten auf Straßen mit Tempolimit 50, zwei weitere mit Tempolimit 40. „Eine Helmpflicht verhindert keine Unfälle, eine gute Radinfrastruktur und niedrigere Tempolimits hingegen schon“, betont VCÖ-Experte Michael Schwendinger.

Eine weitere negative Auswirkung einer Helmpflicht wäre das Ende von E-Bike-Sharing. Wien hat seit Juli 300 Elektrofahrräder im City-Bike-Angebot, Salzburg hat die Einführung von E-Bike-Sharing für das Jahr 2026 beschlossen und entsprechende Vorbereitungen getroffen. In den vergangenen Jahren haben zudem einige Städte E-Scooter-Sharing als Zubringer zum Öffentlichen Verkehr eingeführt. Auch diese Mobilitätsangebote würden mit einer Helmpflicht wegfallen, denn kaum jemand wird bereit sein, von anderen verwendete, verschwitzte Helme zu tragen. Auch bei E-Scooter gibt es eine bessere Lösung, indem das Tempo der E-Scooter auf 20 km/h gedrosselt wird.

Die Erfahrung zeigt zudem, dass mit einer Helmpflicht die Radfahrnutzung zurückgeht. In Australien nahm die Zahl der Radfahrenden je nach Region zwischen 30 und 40 Prozent ab. Israel hat im Jahr 2007 eine Helmpflicht eingeführt, sie aber vier Jahre später aufgrund der negativen Effekte auf die Anzahl der Radfahrenden wieder abgeschafft. „Mit einer Helmpflicht würde die Regierung die Bemühungen der Bundesländer und Städte, dass mehr vom Auto aufs Rad umsteigen konterkarieren, ebenso ihre im Regierungsprogramm vereinbarte Zielsetzung, den Radverkehrsanteil in Österreich zu verdoppeln. Denn dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn Elektrofahrräder für die Alltagsmobilität häufiger als bisher verwendet werden und nicht seltener“, macht VCÖ-Experte Michael Schwendinger aufmerksam. Übrigens, auch die Zunahme der Anzahl der Radfahrerinnen und Radfahrer erhöht die Verkehrssicherheit beim Radfahren. Mehr Radfahrende gehen mit einer geringeren Unfallhäufigkeit pro Person einher. Ein Grund dafür ist, dass die Sichtbarkeit von Radfahrenden mit deren Anzahl steigt.

Mehr Informationen, warum Helmpflicht für E-Bikes und E-Scooter negative Auswirkungen hat

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Die Chance ergreifen

Die Entwicklung geht klar in Richtung emissionsfreier Antriebe. Steigende Reichweiten sprechen dafür, dass sich beim Pkw der batterie-elektrische Antrieb mittelfristig durchsetzen wird. Synthetische Treibstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden könnten, sind für den Masseneinsatz absolute Zukunftsmusik. Unter den etablierten Autoherstellern gab Volvo als Teil eines chinesischen Konzerns als erster bekannt, vollständig auf Elektro-Antriebe umzustellen. Auch Volkswagen ziele „auf den Punkt, an dem sich jeder fragen muss, warum er einen Verbrenner haben will. Denn wir glauben nicht, dass es eine Alternative zur E-Mobilität gibt“, wird ein Vorstandsmitglied von Volkswagen zitiert. Die Pkw-Neuwagenflotte von Mercedes soll bis zum Jahr 2039 CO2-neutral werden. Entwicklungskapazitäten werden aktuell von Motoren und Getrieben hin zu Batterietechnologie und Leistungselektronik verschoben. Das bedeutet einschneidende Veränderungen, auch für Beschäftigte der Automobilbranche. Doch die Entwicklung lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und nur Unternehmen, die sich rechtzeitig umstellen, werden auch in Zukunft noch Arbeitsplätze bieten können. Viele Autozulieferer diversifizieren bereits ihre Produktpalette in Richtung Elektro- Antriebe oder anderer Sektoren, etwa der Autozulieferer Miba, der Bremsen für Windkraftanlagen herstellt. Für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte werden Tausende Fachkräfte für Aufbau und Wartung der E-Ladeinfrastruktur gebraucht werden. Geld, das bisher in den Import von Erdöl geflossen ist, kann künftig verstärkt im Inland ausgegeben werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Mobilitätswende unterm Strich für ein Plus an Beschäftigung sorgen wird.

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