Ausgezeichnete Arbeitswege
Jobticket und Jobrad – immer mehr Betriebe machen es ihren Beschäftigten schmackhaft, ohne Auto zur Arbeit zu kommen. Das fördert die Gesundheit. Und Platz, der vorher verparkt war, wird zu Ruhezonen im Grünen.
>> von Bernhard Hachleitner
Unser Mobilitätskonzept ist anerkannt und akzeptiert“, sagt Gerhard Kelz von der TU Graz. „Das gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, egal, mit welchem Verkehrsmittel sie zur Arbeit kommen.“ Vor dem Start des Konzepts im Jahr 2006 gab es durchaus emotionale Diskussionen. Größtes Problem waren die Belastungen durch den Autoverkehr. Mittels Parkplatzmanagement konnte die Zahl der Parkgenehmigungen von 1.343 auf 740 reduziert werden. Die vermiedenen Autofahrten sparen mindestens 300 Tonnen CO2 pro Jahr. Wer auf die Parkberechtigung verzichtet, erhält 50 Prozent der Kosten einer Jahres- oder Halbjahreskarte der Graz Linien. Gestiegen ist die Zahl der von der TU und der Stadt Graz finanziell gestützten Fahrräder im TU Graz-Design. Im Jahr 2014 waren es knapp 700, ab April 2016 sind es 1.100 Stück.
Uni macht Schule
Gleichzeitig wurde es attraktiver, sich zu Fuß und per Rad am Campus zu bewegen. Die jüngsten Neuerungen: Am Campus Inffeldgasse wurden ein „Hauptplatz“ mit Sitzgelegenheiten und eine begrünte Ruhezone eingerichtet. Im Jahr 2012 wurde das Mobilitätskonzept mit dem VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet. Kelz: „Diese Anerkennung motiviert die am Projekt Beteiligten, konsequent daran weiterzuarbeiten.“ Die Anzahl der überdachten und beleuchteten Abstellanlagen für Fahrräder wurde inzwischen von 780 auf über 1.000 erhöht. Kelz freut die Vorbildwirkung: „In Graz haben die Karl-Franzens-Universität und die Kunstuniversität, in Wien die Universität für Bodenkultur die Rad-Aktion übernommen.“
Im Jahr 2014 ging ein weiterer VCÖ-Mobilitätspreis nach Graz: an das LKH – Univ. Klinikum Graz. Park-raumbewirtschaftung,
Jobticket, Radservice-Stationen und Radsicherheitstrainings haben die Verkehrssituation grundlegend verbessert. „Unser Mobilitätskonzept hat sich bewährt“, sagt Betriebsdirektor Gebhard Falzberger. „Vorher gab es lange Wartelisten für die Parkplätze, nach der Einführung haben 264 Beschäftigte ihre Parkgenehmigung sogar zurückgegeben.“ Auch wird das Jobticket angenommen. Im Jahr 2014 nutzten es 1.549 Beschäftigte, Ende 2015 waren es bereits 1.936. Die Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen gehen weiter: Sechs mit Benzin betriebene Fahrzeuge des Fuhrparks wurden mittlerweile durch Elektroautos ersetzt.
Gesunder Arbeitsweg
Fahren mehr Beschäftigte statt mit dem Auto mit dem Fahrrad zur Arbeit, profitieren Unternehmen und Beschäftigte mehrfach: Die Kosten für Abstellplätze sind geringer, die Belastung durch Lärm und Schadstoffe sinkt. Kommen Beschäftigte zu Fuß oder mit dem Rad, steigen zudem ihr Leistungsvermögen und die Konzentration – nicht nur in der Arbeitszeit. Beschäftigte, die regelmäßig zur Arbeit radeln, sind im Schnitt um 1,3 Tage pro Jahr weniger im Krankenstand als vergleichbare nicht-radelnde Kolleginnen und Kollegen.
Jobräder für die letzte Meile
Bei Haberkorn, Österreichs größtem technischen Händler von Arbeitsschutz, Schmierstoffen und technischen Produkten, erhalten neue Beschäftigte ein Willkommenspaket mit ihrem persönlichen Fahrplan und einem Ticket für die ersten zwei Arbeitswochen. „Damit sollen sie von Beginn an motiviert werden, ohne Auto zur Arbeit zu kommen. Bleiben sie dabei, bekommen sie eine Jahreskarte“, sagt Oskar Rauch von Haberkorn. Im Jahr 2010 gab es 54 solcher Jobtickets, heute nutzt fast ein Viertel der 325 Beschäftigten in Wolfurt dieses Angebot.
Dass der Hauptsitz von Haberkorn in Wolfurt etwa 2,5 Kilometer vom Bahnhof entfernt liegt, hält manche vom Zugfahren ab. Deshalb initiierte Haberkorn im Jahr 2010 gemeinsam mit den benachbarten Firmen Doppelmayr, Integra und Meusburger ein Mobilitätsprojekt mit „Jobrädern“ für das Wolfurter Gewerbegebiet für die Fahrt zwischen Bahnhof und Betrieb – aber auch für Erledigungen tagsüber. „Die Rückmeldungen sind positiv“, so Rauch. „Gelobt wird das unkomplizierte System, das ohne große Registrierung mit wenig Verwaltung und ohne Verpflichtung funktioniert.“
Für dieses Projekt wurde Haberkorn im Jahr 2010 beim VCÖ-Mobilitätspreis ausgezeichnet. Waren es zu Beginn zwölf „Jobräder“, sind es mittlerweile mehr als 50. Schon zu Beginn konnten 100.000 Autokilometer auf Fahrrad und Bahn verlagert werden, mittlerweile sind es deutlich mehr. „Jede Auszeichnung hat eine sehr positive Wirkung – sowohl bei der internen als auch externen Kommunikation“, erklärt Rauch. „Unsere Beschäftigten sind stolz, in einem Unternehmen zu arbeiten, das auch bei Nachhaltigkeit einen sehr guten Ruf hat.“
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