Städte machen Wege kurz

Kopenhagen: Radschnellwege mit guter Anbindung an den Öffentlichen Verkehr schaffen direkte Non-Stop-Verbindungen in die Stadt.

Die schnellen Radwege in Kopenhagen, das fahrradaffine Wohnhaus in Salzburg, der wiederbelebte Ortskern in Krummnußbaum – drei Preisträger des VCÖ-Mobilitätspreises zeigen, dass Städte und Gemeinden großes Potenzial für klimafreundliche Mobilität haben.

>> Von Christian Höller

Das „Weißbuch Verkehr“ der EU definiert Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen in Städten, so die Halbierung der Nutzung von „mit konventionellem Kraftstoff betriebenen Pkw“ im Stadtverkehr bis zum Jahr 2030 und den vollständigen Verzicht auf solche Fahrzeuge in Städten bis zum Jahr 2050. Das erfordert Kreativität – immer mehr Städte und Gemeinden haben sie.

Superschnelle Radwege in Kopenhagen

Die Reichweite per Fahrrad zu erhöhen, ist das Ziel der „Cycle Super Highways in Greater Copenhagen“. 22 Gemeinden und die Hauptstadt-Region haben dafür ihre Kräfte vereinigt. Bereits heute werden 35 Prozent des Pendelverkehrs im Raum Kopenhagen mit dem Rad zurückgelegt, bei Strecken über fünf Kilometern allerdings nur 20 Prozent. Hier wird weiteres Potenzial gesehen. Ziel ist es, durch die Schnellradwege 30 Prozent mehr Pendlerinnen und Pendler aufs Fahrrad zu bringen. Mit hochwertigem Asphaltbelag, direkter Wegführung, möglichst wenigen Halten, sicheren Straßenkreuzungen, Abstand zum Autoverkehr und guter Beleuchtung machen Schnellradwege das Fahrrad auch über fünf Kilometer zu einer echten Alternative zum Auto.

Die erwarteten positiven Effekte sind vielfältig. Ist das geplante Netz von 28 Cycle Super Highways ausgebaut, wird es jährlich geschätzte 856 Tonnen CO2 einsparen. Es wird auch die Staus reduzieren und soll zu weniger Krankenstandstagen führen: Eine Untersuchung zeigt, dass 1.200 geradelte Kilometer einen Krankenstandstag weniger zur Folge haben – es wird also auch die Wirtschaft profitieren. Die erste Ausbaustufe mit 15 Routen soll im Jahr 2018 abgeschlossen sein.

Salzburg: Aus dem Fahrradraum ins Radwegnetz – im Wohnhaus Gaswerkgasse 15 ist die Fahrradnutzung naheliegend.

Dicht gebaut statt dicke Luft

Rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in Österreich entfällt heute auf den Verkehr. Kürzere Wege und Anreize zum Gehen, Radfahren und zur Nutzung des Öffentlichen Verkehrs reduzieren den Energieverbrauch des fast ausschließlich von fossilen Treibstoffen abhängigen Kfz-Verkehrs und nützen daher dem Klima.

Der Wohnungsbau hat hier entscheidenden Einfluss, Verdichtung statt Ausweitung auf die grüne Wiese hält die Wege kurz.

Der Wohnbau Gaswerkgasse 15 in Salzburg nützt eine zuvor als Parkplatz genutzte Baulücke. Aufgrund der beengten Platzsitua-tion war ein Pkw-reduziertes Wohnkonzept gefragt. Mit dem dafür entwickelten Mobilitätskonzept gelang es, den vorgeschriebenen Parkplatzschlüssel von 1,5 auf 0,5 pro Wohneinheit zu senken und so auch Kosten zu sparen.

Den Bewohnerinnen und Bewohnern wurde durch einen großzügigen, hellen, ebenerdigen Fahrradraum, der direkt an das innerstädtische Radwegenetz angebunden ist, die Nutzung von Fahrrädern für die täglichen Wege attraktiv gemacht. Pro Wohneinheit gibt es über drei Jahre ein Jahresticket für den Verkehrsverbund.

Salzburg: Aus dem Fahrradraum ins Radwegnetz – im Wohnhaus Gaswerkgasse 15 ist die Fahrradnutzung naheliegend.

Der Gemeinde auf den Kern gehen

Immer mehr Ortschaften leiden unter leerstehenden Gebäuden und Flächen im Ortskern. Versorgungseinrichtungen und Wohnneubauten wandern an den Ortsrand, wertvolle landwirtschaftliche Flächen werden verbaut und die länger werdenden Alltagswege machen vom Auto abhängig. Diese Außenentwicklung ist kostenintensiv, denn die Infrastrukturen für Wasser, Strom, Straßen etc. müssen teuer sowohl nach draußen gebaut als auch im verödeten Ortskern erhalten werden.

Hier setzte Krummnußbaum in Niederösterreich mit seinem Konzept zur flächensparenden und kosten-effizienten Siedlungsentwicklung mit Förderung der Mobilität zu Fuß, dem Fahrrad und dem Öffentlichen Verkehr an, das in einem intensiven Bürgerbeteiligungsprozess erarbeitet wurde. Ziel ist die Entwicklung des Ortskerns zur „neuen Mitte“ mit einem neu anzulegenden Platz und einem Gemeindezentrum. Die Ortsdurchfahrt wird als Begegnungszone gestaltet, das reduziert die Geschwindigkeit und erhöht die Verkehrssicherheit, Gemeindeamt, Geschäfte, Arztpraxen, Lokale und Dienstleistungen werden im Gemeindezentrum konzentriert. Das macht die zurückzulegenden Wege kürzer, Gehen und Radfahren attraktiver und leistet so auch einen Beitrag zur CO2-Reduktion.

Die Maßnahmen, die umweltfreundliche Verkehrsvarianten fördern und damit die Treibhausgase aus dem Verkehr verringern, sind vielfältig. Immer mehr Gemeinden – von der Großstadt bis zum kleinen Ort – nützen sie, setzen Zukunftsimpulse und sorgen für Aufbruchsstimmung.

>>Die Projekte „Cycle Super Highways in Greater Copenhagen“, „Wohnbau Gaswerkgasse 15“ und „Krummnußbaum 2025 – Innen- vor Außenentwicklung“ wurden mit dem VCÖ-Mobilitätspreis 2015 ausgezeichnet: www.vcoe.at/projekte/vcoe-mobilitaetspreis

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