Wie Steuern und Subventionen die Mobilität prägen

Vorarlberger Netzwerk „Wirtschaft mobil“: Die neun Unternehmen fordern steuerliche Erleichterungen, um finanzielle Anreize für klimaverträgliche Mobilität im Betrieb setzen zu können.

In Österreich tragen Subventionen und Steuerbegünstigungen in Milliardenhöhe jährlich zu umweltschädlichem Verkehrsverhalten bei. Gleichzeitig werden finanzielle Anreize von Firmen, die nachhaltiges Mobilitätsverhalten der Beschäftigten fördern, als Sachbezug besteuert.

>> Von Doris Neubauer

 

Anfang Februar übergaben neun Unternehmen, die in Vorarlberg sowie Liechtenstein rund 12.000 Arbeitende beschäftigen und sich zum Netzwerk „Wirtschaft mobil“ zusammengeschlossen haben, eine Petition an Umweltminister Andrä Rupprechter und Finanzminister Hans Jörg Schelling. Ihre Forderung: Steuerliche Entlastung von betrieblichen Incentives für umweltfreundliche und gesunde Mobilität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Weihnachtsgeschenk mit nachhaltiger Mobilität in Konkurrenz

„Engagiert sich ein Betrieb für die Förderung des Radfahrens oder von Fahrgemeinschaften – zum Beispiel in Form von Gutscheinen für Mobilitätsleistungen –, können derzeit pro Jahr und Person nur Leistungen im Wert von maximal 186 Euro ausgeschüttet werden“, erklärt Netzwerksprecher Martin Reis vom Energie Institut Vorarlberg, „und das auch nur, wenn das Kontingent an steuerfreien Zuwendungen nicht schon für andere Zwecke wie Weihnachtsgeschenke ausgeschöpft worden ist.“ Zuwendungen darüber hinaus müssen von den Mitarbeitenden als Sachbezug versteuert werden. Das ist für Unternehmen mit hohem Arbeits- und Kommunikationsaufwand verbunden und schreckt Betriebe ab, sich für nachhaltiges Pendeln einzusetzen, kritisiert der Experte und fordert im Namen von „Wirtschaft mobil“, steuerfreie betriebliche Zuwendungen für nachhaltige Mobilität pro Mitarbeitendem auf bis zu 500 Euro pro Jahr und Person zu erhöhen. Denn: „Erfahrungen in Vorarlberg zeigen, dass intelligent gemachte verkehrsträgerübergreifende Bonus-Modelle für gesunde und nachhaltige Mobilität in den Betrieben anhaltende Wirkungen entfalten können.“ Regelmäßige Anreize, auf umweltverträgliche Verkehrsmittel wie Fahrrad, E-Bike, öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrgemeinschaften zu setzen, tragen nicht nur zur betrieblichen Gesundheitsförderung bei und steigern die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Sie ermöglichen die effiziente Nutzung begrenzter Parkflächen und sichern die Erreichbarkeit der Unternehmen. Dafür braucht es aber attraktive und praxistaugliche Rahmenbedingungen“, fordert Reis Unterstützung von der Politik.

Nicht nur E-Fahrzeuge sind klimaverträglich

Während es an steuerlichen Belohnungssystemen für das Radfahren und für Fahrgemeinschaften mangelt, werden finanzielle Anreize zur Förderung von E-Mobilität großzügig gewährt: Seit dem Jahr 2016 sind elektrisch betriebene Firmenfahrzeuge vorsteuerabzugsberechtigt und von der Sachbezugsregelung befreit. Außerdem erhalten seit 1. März 2017 nicht nur Betriebe, sondern auch Privatpersonen eine Kaufprämie für E-Fahrzeuge. Bereits vom Jahr 2015 auf das Jahr 2016 hat sich in Österreich mit 3.826 verkauften Stromern die Anzahl mehr als verdoppelt. Im Juni 2016 hatte Österreich den höchsten Anteil an Elektro-Kfz in der EU. „Die Anreize für Elektro-Mobilität sind vorbildlich“, ist der Vorsprung für Jürgen Halasz vom Bundesverband Elektro-Mobilität -Österreich BEÖ leicht erklärt.

Umweltschädliches Verhalten wird subventioniert

Mobilitätsmanagement: Der Verkehrsverbund Vorarlberg berät Mitarbeitende in der Firma Haberkorn, wie sie umweltfreundlich zur Arbeit kommen.

„Es ist sinnvoll, Maßnahmen zu setzen, um Elektro-Mobilität stärker zu verbreiten“, bestätigt Angela Köppl vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, „ich bin mir aber nicht sicher, ob Subventionen das beste Mittel sind. Die Infrastruktur für die Benützung spielt eine ebenso große Rolle.“ Darüber hinaus müssen bei jedem finanziellen Belohnungssystem Auswirkungen auf andere Bereiche berücksichtigt werden. „Tatsächlich haben wir im Verkehrsbereich in einer Studie 2016 zahlreiche umweltschädlichen Subventionen identifiziert“, so Köppl. Dazu zählen Steuerbegünstigungen für Firmenwagen, Diesel und Kerosin sowie die derzeitige Form des Pendelpauschales im Gesamtwert von etwa 2,2 Milliarden Euro. Solche klimaschädlichen Steuerausnahmen radikal einzuschränken, ist laut Wifo ein wichtiger Schritt zur nachhaltigen Mobilität. Dieser Schritt fehlt in Österreich aber genauso wie eine andere entscheidende Maßnahme: „Wir brauchen Umweltsteuern, die für CO2-aufwendiges Verhalten unter anderem im Verkehrsbereich zahlen lassen“, erklärt Köppl und verweist auf Vorreiter wie Schweden. Dort konnte seit der Einführung einer CO2-Steuer im Jahr 1991 der Ausstoß der Treibhausgase um acht Prozent reduziert werden, ohne die Wirtschaft zu belasten. Im Gegenteil: Das Wirtschaftswachstum betrug zwischen den Jahren 2004 und 2014 etwa 31 Prozent. In Österreich waren es 21 Prozent. Langfristig wird auch Österreich auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilität beides brauchen: Effektive Umweltsteuern und sinnvolle finanzielle Anreize, die klimaverträgliches Mobilitätsverhalten, also vor allem Gehen, Radfahren und Benützung des Öffentlichen Verkehrs fördern.

>>Zur Autorin:

Doris Neubauer – Journalistin, Bloggerin, -Reisende – www.dorisneubauer.com

 

Martin Reis, Energie Institut Vorarlberg, Sprecher des Netzwerks „Wirtschaft mobil“

 

>> Zitat:

„Ein Betrieb kann zur Förderung des Radfahrens oder von Fahrgemeinschaften derzeit pro Jahr nur Leistungen im Wert von maximal 186 Euro an Mitarbeitende ausschütten. Zuwendungen darüber hinaus müssen als Sachbezug versteuert werden.“

Angela Köppl, Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo

 

>> Zitat:

„Wir brauchen Umweltsteuern, die für CO2-aufwendiges Verhalten unter anderem im Verkehrsbereich zahlen lassen – wie beispielsweise in Schweden.“

 

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