VCÖ: Österreich bei Verkehrssicherheit nicht im EU-Spitzenfeld

VCÖ: In Schweden im Verhältnis zur Einwohnerzahl um die Hälfte weniger Verkehrstote

VCÖ (Wien, 22. April 2021) – Im Vorjahr kamen in Österreich 338 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Pro Million Einwohner verzeichnete Österreich 38 Verkehrstote und damit doppelt so viele wie Schweden, macht der VCÖ aufmerksam. Im EU-Vergleich liegt Österreich bei der Verkehrssicherheit nur an achter Stelle. Auch in der Schweiz, Norwegen und Island ist die Zahl der Verkehrstoten im Verhältnis zur Einwohnerzahl deutlich niedriger als in Österreich. Der VCÖ fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket, um die Sicherheit auf Österreichs Straßen zu erhöhen.

Auch wenn Österreich im Corona-Jahr 2020 mit 338 Verkehrstoten die niedrigste Opferzahl seit Bestehen der Unfallstatistik verzeichnete, im internationalen Vergleich liegt Österreich bei der Verkehrssicherheit nicht im Spitzenfeld, macht der VCÖ auf aktuelle Daten der EU-Kommission aufmerksam. Auch im Vorjahr war Schweden der EU-Spitzenreiter bei der Verkehrssicherheit. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl kamen in Schweden die wenigsten Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben, nämlich 18 pro Million Einwohnerinnen und Einwohner. Die zweitniedrigste Anzahl an Verkehrstoten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl weist Malta (21) auf, vor Dänemark (27). Sehr hoch ist das Verkehrssicherheitsniveau auch in den drei nicht EU-Mitgliedsstaaten Norwegen (18), Island (22) und die Schweiz (26), berichtet der VCÖ.

Der VCÖ weist darauf hin, dass Österreich noch deutlich schlechter abschneiden würde, wenn nicht in Wien die Zahl der Verkehrstoten mit sechs pro Million Einwohnerinnen und Einwohner niedrig wäre. Nur Tirol und Vorarlberg liegen ebenfalls - knapp - unter dem Österreich-Schnitt, alle anderen Bundesländer verzeichneten mehr Verkehrstote pro Million Einwohner als der Österreich-Schnitt.

„Hätte Österreich das Verkehrssicherheitsniveau von Schweden, würden heute noch 175 Menschen leben, die im Vorjahr im Straßenverkehr getötet wurden“, verdeutlicht VCÖ-Experte Michael Schwendinger. „Umso wichtiger ist es, in der Verkehrssicherheitsarbeit von den Besten zu lernen. Es ist traurig, dass eine Selbstverständlichkeit, nämlich der absolute Vorrang von Gesundheit und Sicherheit, im Verkehrssystem noch immer eingefordert werden muss.“ Die StVO (Straßenverkehrsordnung) ist entsprechend zu reformieren. Dabei sollen die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer das Maß sein. "Ein Verkehrssystem, das für Kinder sowie Seniorinnen und Senioren, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, sicher ist, ist für alle sicher", betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Ein zentraler Faktor für die Erhöhung der Verkehrssicherheit sind Tempolimits, betont der VCÖ. Allen Staaten, die bei der Verkehrssicherheit an der Spitze liegen, ist gemeinsam, dass sie auf Freilandstraßen niedrigere Tempolimits haben als Österreich. In Schweden gilt Tempo 70 auf Freilandstraßen, in den anderen fünf verkehrssichersten Staaten Tempo 80. Zudem gilt in der Schweiz auf Autobahnen Tempo 120, in Schweden Tempolimit 110 und in Norwegen Tempo 100. Malta und Island haben keine Autobahnen. „Niedrigere Tempolimits retten Menschenleben, was für sich alleine schon ein ausreichender Grund ist. Darüber hinaus sind niedrigere Tempolimits die günstigste und am schnellsten umsetzbare Klimaschutzmaßnahme“, erinnert VCÖ-Experte Schwendinger.

Die hohe Verkehrssicherheit verdankt Schweden auch dem Konzept „Vision Zero – Null Verkehrstote“, das dort bereits seit über 20 Jahren angewandt wird. Der Grundsatz: Das Verkehrssystem ist so zu gestalten, dass ein menschlicher Fehler keine fatalen Folgen hat. Im Ortsgebiet wird in Schweden, so wie in der Schweiz und in Norwegen, sehr stark auf Verkehrsberuhigung gesetzt.

Die Verkehrsstrafen sind in den Staaten mit hohem Verkehrssicherheitsniveau deutlich höher als in Österreich. 20 km/h zu schnell fahren kosten in Norwegen umgerechnet 460 Euro, in Schweden umgerechnet rund 235 Euro, in der Schweiz umgerechnet 165 Euro und in Dänemark ab 135 Euro - ein Vielfaches der Mindeststrafe in Österreich mit 30 Euro. Handy am Steuer kostet in Norwegen umgerechnet 170 Euro, in Schweden 150 Euro und in der Schweiz rund 200 Euro - in Österreich nur 50 Euro. In Schweden sind die Strafen für Alkohol am Steuer einkommensabhängig mit einer Mindeststrafe von 40 Tagsätzen, in Dänemark bis zu einem Monatsgehalt. In Norwegen und Island beträgt die Mindeststrafe mehr als 450 Euro, in der Schweiz mehr als 500 Euro - in Österreich beträgt die Mindeststrafe 300 Euro.

Auch ein umfassender Punkteführerschein, wie ihn beispielsweise Deutschland hat, trägt wesentlich zu mehr Verkehrssicherheit bei. Denn damit können Risikolenker rechtzeitig erkannt und durch gezielte Nachschulungen und Bewusstseinsarbeit Unfälle vermieden werden. In Österreich sollten zum Beispiel Handy am Steuer und zu hohes Tempo Teil des Vormerksystems werden.

VCÖ: Österreich ist bei der Verkehrssicherheit nicht im EU-Spitzenfeld (Anzahl Verkehrstote pro Million Einwohnende im Jahr 2020 – in Klammer Änderung 2020 zu 2010)

  1. Schweden: 18 Verkehrstote pro Million Einwohnende (-29% Verkehrstote im Vergleich zu 2010 )
  2. Malta: 21 (-15%)
  3. Dänemark: 27 (-39%)
  4. Spanien: 29 (-44%)
  5. Irland: 30 (-30%)
  6. Niederlande: 31 (1%)
  7. Deutschland: 33 (-25%)
  8. Österreich: 38 (-39%)
  9. Slowenien: 38 (-42%)
  10. Frankreich: 39 (-36%)
  11. Italien: 40 (-42%)
  12. Finnland: 40 (-19%)
  13. Luxemburg: 42 (-19%)
  14. Belgien: 44 (-40%)
  15. Estland: 45 (-24%)
  16. Slowakei: 45 (-33%)
  17. Ungarn: 46 (-39%)
  18. Tschechien: 48 (-35%)
  19. Portugal: 52 (-43%)
  20. Griechenland: 54 (-54%)
  21. Zypern: 54 (-20%)
  22. Kroatien: 58 (-44%)
  23. Litauen: 63 (-41%)
  24. Polen: 65 (-37%)
  25. Bulgarien: 67 (-40%)
  26. Lettland: 74 (-35%)
  27. Rumänien: 85 (-31%)

Top außerhalb der EU:

  • Norwegen: 18 (-54%)
  • Island: 22 (0%)
  • Schweiz: 26 (-31%)

Quelle: EU-Kommission, VCÖ 2021

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