E-Autos im Sinne der Kreislaufwirtschaft konstruieren

Der Trend zu Elektro-Pkw nimmt in der Kreislaufwirtschaft hinsichtlich des hohen Ressourcenbedarfs für die Produktion von Batterien eine zentrale Stellung ein. Recycling und Nachnutzung müssen frühzeitig mitgedacht werden.

VCÖ-Factsheet "E-Autos im Sinne der Kreilaufwirtschaft konstruieren" als PDF

Der Bestand an Elektro-Autos steigt und somit auch der Bedarf an Batterien. Im Jahr 2021 lag in Österreich der Anteil der neuzugelassenen Pkw, die ausschließlich mit elektrischer Energie fahren, bei rund 14 Prozent.1 Insgesamt liegt der Fahrzeugbestand der Elektro-Autos mit April 2022 bei über 85.000 Stück.2 Österreichs Mobilitätsmasterplan sieht ab dem Jahr 2030 bei den Neuzulassungen 100 Prozent emissionsfreie Pkw vor. Ein Ziel, das erreichbar ist. In Norwegen fuhren bereits im Jahr 2021 über 60 Prozent der neuzugelassenen Pkw ausschließlich mit elektrischer Energie.

Weniger Ressourcen, längere Nutzungsdauer

Pkw sind im Schnitt rund 15 Jahre im Einsatz. Eine frühzeitige Elektrifizierung der Pkw-Flotte ist essenziell, um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 erreichen zu können. Die Akkus der E-Pkw sind möglichst vorausschauend zu konstruieren. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft steht nach der nachhaltigen und sozial verträglichen Rohstoffgewinnung und der Reduktion des Ressourceneinsatzes bei der Produktion eine lange Nutzungsdauer und Reparierbarkeit von Batterien an oberster Stelle. Je länger die Akkus genutzt werden, desto kleiner ist ihr ökologischer Fußabdruck.

Der umgangssprachliche Begriff „Batterie“ oder „Akku“ meint bei elektrischen Pkw Traktionsakkumulatoren. Derzeit sind das Lithium-Ionen- Akkumulatoren. Lithium-Ionen-Zellen bestehen aus einer negativen Aktivmasse, dem Graphit, einer positiven Aktivmasse, hauptsächlich Lithium- Metalloxidelektroden, und einem Separator dazwischen, welcher mit einem Elektrolyt getränkt ist. Als Stromsammler der Elektroden dient Kupferfolie beziehungsweise Aluminiumfolie. Insgesamt werden über 20 Stoffe eingesetzt. Elemente der positiven Aktivmasse sind neben Lithium Kobalt, Nickel, Mangan oder Aluminium, eine Alternative dazu kann Lithium-Eisenphosphat sein. Das gesamte Batteriesystem besteht noch aus der Elektronik des Batteriemanagements, dem Gehäuse und der Kühlung.

Treibhausgas-Emissionen reduzieren

Der Bedarf an kritischen Rohstoffen für die Batterieproduktion sinkt deutlich. Einige Hersteller setzen auch bereits kobaltfreie Batterien ein.

Eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen beim Rohstoffabbau und vor allem in der Material- und Zellfertigung der Akkus beeinflusst signifikant die Umweltbilanz des Fahrzeugs. Im Vergleich zu Benzin- und Diesel-Pkw verursacht die Herstellung von Elektroautos mehr Treibhausgase. Wird Energie aus erneuerbaren Quellen getankt, holt ein E-Pkw diesen Nachteil im Schnitt bereits nach 35.000 gefahrenen Kilometern auf und mit durchschnittlichem österreichischen Strommix nach 45.000 Kilometern.3 Über den gesamten Lebenszyklus verursacht ein Elektroauto der Kompaktklasse mit Strom aus erneuerbarer Energie um bis zu 70 Prozent weniger CO2 –Emissionen als Kompaktwagen, die Diesel oder Benzin tanken.4

Kobaltfreie Batterien sind möglich

Auch Verfügbarkeit und Abbaubedingungen der notwendigen Rohstoffe müssen betrachtet werden. Besonders Lithium und Kobalt belasten die Umweltbilanz der Akkus. Kobalt wird überwiegend im Kongo abgebaut, Lithium hauptsächlich in Australien und Chile. Lithium ist für diese Art von Batterie unbedingt notwendig, der Lithium- Anteil pro Batterie kann aber laut aktuellen Studien um etwa 20 Prozent reduziert werden. Auch der Kobalt-Anteil kann stark reduziert oder sogar gänzlich vermieden werden. Es gibt bereits kobaltfreie Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die von mehreren Herstellern eingesetzt werden. Auch Nickel kann ersetzt werden.

Sharing reduziert Rohstoffeinsatz

Im Jahr 2021 wurden in Österreich 33.366 batterieelektrische Pkw neu zugelassen. Durch verstärktes Sharing und ein gutes öffentliches Verkehrsangebot kann die Zahl der benötigten Pkw deutlich reduziert werden. Damit wird auch der Bedarf an Rohstoffen, wie Lithium, Kobalt sowie Nickel und Mangan gesenkt. Für eine sozial vertretbare Rohstoffgewinnung sind klare Vorgaben zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette nötig. Wichtig für eine transparente Bewertung sind valide Daten und ein global möglichst einheitliches Verständnis, wie diese Daten zu erheben und zu berechnen sind. Ein Schritt in diese Richtung ist der Batteriepass – eine Kennzeichnung des Akkumulators in Kombination mit einer digitalen Akte. Der Batteriepass ist in der Überarbeitung der Europäischen Batterie-Richtlinie vorgesehen und ermöglicht die Nachverfolgung von Batterien über ihren gesamten Lebenszyklus.

Einsparungspotenziale in der Herstellung

Besonders schwere und übermotorisierte Fahrzeugklassen wie SUV, die bereits über ein Drittel der Pkw-Neuzulassungen in Österreich ausmachen, benötigen überdurchschnittlich viele Ressourcen in der Herstellung. Im globalen Durchschnitt verbrauchte im Jahr 2020 ein mittelgroßer Elektro-SUV etwa ein Viertel mehr kritische Rohstoffe wie Lithium, Nickel und Kobalt als ein Elektro-Auto der Kompaktklasse.5 Bei Batterien, speziell der Lithium-Ionen Technologie, können die Treibhausgas-Emissionen durch den Einsatz erneuerbarer Energie in der Produktion reduziert werden. Durchschnittlich werden bei der Zellfertigung einer Batterie mit 35 Kilowattstunden (kWh) rund 2.800 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen. Derzeit werden 75 Prozent der Batterien in Asien produziert. In China ist der Treibhausgas-Ausstoß mit über 3.800 Kilogramm CO2 -Äquivalente je 35 kWh Batterie am höchsten.6

Bewusste Nutzung der Fahrzeuge

Nachhaltige Nutzung fängt bei der Wahl des richtigen Fahrzeugs sowie der notwendigen Akkugröße an. Ein Elektro-Kleinwagen verursacht bei österreichischem Strommix über den gesamten Lebenszyklus um ein Drittel weniger Treibhausgas-Emissionen als ein Elektro-Pkw mit 75 kWh-Batterie.7 Zudem kann mit einer pfleglichen Behandlung die Lebensdauer der Akkus verlängert werden. Oftmaliges Schnellladen, starke Beschleunigungen, mechanische Erschütterungen sowie extreme Temperaturen verkürzen die Lebensdauer eines Akkus. Wird das Fahrzeug längere Zeit nicht benutzt, sollte der Akku durch Nachladen in einem günstigen Ladezustand gehalten werden.

Vorgaben zum Recycling sind wichtig

Das Recycling ist im Zyklus der Kreislaufwirtschaft der letzte Schritt, sollte jedoch bereits bei der Herstellung von Batterien bedacht werden. Theoretisch können ausgesuchte Metalle unter entsprechendem Energieaufwand zu bis zu 99,5 Prozent recycelt werden.9 Neu gewonnene Primärressourcen sind derzeit kostengünstiger, eine Wiederverwendung ist trotzdem anzustreben und für eine nachhaltige Technologieverfügbarkeit notwendig. Bereits seit dem Jahr 2015 sind in Österreich mindestens 95 Prozent eines Altfahrzeugs nach Gewicht zu verwerten und mindestens 85 Prozent stofflich, inklusive thermischer Behandlung, zu verwerten oder wiederzuverwenden. Da der Akku 10 bis 15 Prozent des Gewichts eines E-Pkw einnimmt, ist dieser jedenfalls in der Verwertung einzubeziehen. Aktuell fallen in Österreich pro Jahr etwa 4.000 gebrauchte Batteriesysteme aus der gesamten Elektromobilität an, das entspricht etwa 200 Tonnen Gesamtgewicht. Für das Jahr 2030 werden zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen prognostiziert.10 Die künftigen Richtlinien auf EU-Ebene werden das Inverkehrbringen von Batterien besser regeln: Konkret ist eine Recyclingeffizienz von Lithium-Ionen-Batterien von bis zu 70 Prozent ab dem Jahr 2030 vorgesehen, und erwartete Verwertungsquoten von bis zu 95 Prozent bei Kobalt, Nickel, Lithium und Kupfer. Eine vorgesehene Mindesteinsatzpflicht an recycelten Stoffen durch die Batterie-Richtlinie der EU wird den Markt für Sekundärrohstoffe stärken.11

Ein sorgsamer Umgang mit dem Akku eines E-Fahrzeuges zahlt sich aus.

„Second Life“ der Akkus als Speicher

Eine mögliche Second-Life-Nutzung einer Pkw-Batterie ist der Einsatz als stationärer Speicher. Bei dem Projekt „2ndLifeBatteries4Storage“ werden Batterien zu größeren Stromspeichern zusammengefasst und können zur Netzstabilisierung bei Spitzenlasten und zur Optimierung des Stromverbrauchs im industriellen Bereich eingesetzt werden.8

Recycling reduziert Abhängigkeit

In der Kreislaufwirtschaft sind Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung stark zu minimieren. Generell gilt auch im Verkehrsbereich das Drei-Säulen-Prinzip vermeiden, verlagern und verbessern vorzugehen. Die E-Automobilität ist Teil der Säule Verbessern. Elektromotoren sind energieeffizienter als Verbrennungsmotoren. Wesentlich ist, dass sie mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Deshalb ist einerseits der Energiebedarf zu reduzieren und andererseits der Ausbau erneuerbarer Energie zu forcieren. Dafür braucht es statt übermotorisierter, übergewichtiger Modelle schlanke und damit energiesparende Fahrzeuge. Sharing trägt zusätzlich zur Reduktion des Ressourcenbedarfs bei. Das Carsharing-Angebot ist entsprechend auszubauen und zu verbessern.

Rahmenbedingungen verbessern

Dekarbonisierung und Elektrifizierung des Verkehrs gehen mit einem steigenden Bedarf an Akkus für die Fahrzeuge einher. Mit den kommenden EU-Vorgaben zum Ausstieg aus Diesel und Benzin wird die Anzahl an E-Pkw weiter steigen. Deshalb ist es wichtig, klare Rahmenbedingungen und Prüfmechanismen über den gesamten Lebenszyklus der Akkus, von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling, zu setzen. Die in Ausarbeitung stehenden EU-Verordnungen sind maßgeblich für die weitere Entwicklung. Notwendig sind Vorgaben und Transparenz sowohl in der Herstellung als auch bei Wiedernutzung und Recycling der Rohstoffe. Eine erhöhte Recyclingquote reduziert die Ressourcenabhängigkeit von anderen Staaten.

VCÖ-Empfehlungen

Klare rechtliche Vorgaben über den gesamten Lebenszyklus schaffen

  • Auf EU-Ebene soziale und ökologische Vorgaben zur Rohstoffgewinnung schaffen, etwa durch eine erweiterte Herstellerverantwortung.

  • EU-Batteriepass einführen: Kennzeichnung des Akkumulators in Kombination mit einer digitalen Akte, um Transparenz zu erhöhen.

  • Vorgaben für nationale Sammelquoten verbessern, Vorgaben für Recycling und Wiedernutzung von Rohstoffen in den Akkumulatoren erhöhen.

Nachhaltigkeit von Elektro-Pkw verbessern

  • Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung, damit E-Fahrzeuge sinnvoll genutzt werden und die Langlebigkeit der Akkumulatoren gesichert wird.

  • Unterstützung der Forschung zu möglichen erweiterten Nutzungskonzepten (Second Life) und Zielvorgaben, etwa zur Wiedernutzung als stationäre Stromspeicher.

  • Umsetzung der Ziele des nationalen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, Ausbau erneuerbarer Energiequellen forcieren.

Lina Mosshammer, VCÖ ‑ Mobilität mit Zukunft

„Durch die Kreislaufwirtschaft sind Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung stark zu minimieren. Die Elektrifizierung der Pkw-Flotte ist neben Verkehr vermeiden und verlagern ein Baustein eines nachhaltigen Mobilitätssystems, daher ist es wichtig klare Rahmenbedingungen für Akkus zu schaffen.“

VCÖ-Factsheet "E-Autos im Sinne der Kreilaufwirtschaft konstruieren" als PDF


Quellen

Quellen

Nummer Quelle Weblink
1 2022, Statistik Austria Weblink
2 2022, AustriaTech, Elektromobilität in Österreich Weblink
3 2022, Klima- und Energiefonds, Faktencheck E-Mobilität Weblink
4 2021, Umweltbundesamt Weblink
5 Islam, E.S.; Ahmed, S.; Rousseau, A. Future Battery Material Demand Analysis Based on U.S. Department of Energy R&D Targets. World Electr. Veh. J. 2021, 12, 90. Weblink
6 2019, VCÖ Factsheet  und 2021, JOANNEUM RESEARCH, Zahlen bereitgestellt von Gerfried Jungmeier Weblink
7 2022, Klima- und Energiefonds, Faktencheck E-Mobilität Weblink
8 2022, Saubermacher AG Projekt „2ndLifeBatteries4Storage“  
9 2022, Klima- und Energiefonds, Faktencheck E-Mobilität Weblink
10 2022, Saubermacher AG nach EAK Weblink
11 2020, EU-lex Weblink

 

 

 

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